Kostendämpfung ist nun kabinettsreif

"Nachhaltig" und "sozial ausgewogen" nennt die Bundesregierung das geplante GKV-Finanzierungsgesetz. Es setzt vor allem auf kurzfristige Kostendämpfung bei Ärzten und Kliniken. Strukturreformen, wie zuletzt 2007 im Wettbewerbs-Stärkungsgesetz, finden sich nur wenige.

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Ein Paket, das die wenigsten Empfänger glücklich machen dürfte: Die Gesundheitsreform soll am Mittwoch das Bundeskabinett passieren.

Ein Paket, das die wenigsten Empfänger glücklich machen dürfte: Die Gesundheitsreform soll am Mittwoch das Bundeskabinett passieren.

© bonn-sequenz / imago

BERLIN (sun/fst). Viel Kostendämpfung, einige umstrittene Strukturänderungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung. So präsentiert sich der Kabinettsfassung zum GKV-Finanzierungsgesetz, die am Mittwoch im Kabinett beschlossen wird und der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Die für Ärzte wichtigste Modifikation betrifft den Bestandsschutz für Hausarztverträge, die bis zum 22. September 2010 geschlossen worden sind. Auch bei Anschlussvereinbarungen nach diesem Datum ist nun sichergestellt, dass die alten Konditionen bis Ende 2012 gelten. Erst dann darf die Vergütung in Hausarztverträgen nicht mehr höher sein als der durchschnittliche Fallwert für Hausärzte in einer KV. So will die Regierung sicherstellen, dass - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - drei Jahre nach ihrem Start Hausarztverträge evaluiert werden können. Dennoch hält die Regierung an ihrem Einsparziel von 500 Millionen Euro in Folge des veränderten Paragrafen 73 b fest.

Angesichts heftiger Vorwürfe, das Bundesgesundheitsministerium betreibe Klientelpolitik für die Private Krankenversicherung, ist das Vorhaben gestrichen worden, Wahltarife in der GKV stark einzugrenzen und Zusatzversicherungen fast komplett in die Hand der Privatassekuranz zu geben. Das Thema sei nur vertagt und stehe noch in dieser Legislatur auf der Tagesordnung, hieß es aus Regierungskreisen.

Weitere Reformvorhaben im Gesetzentwurf bleiben unverändert:

So sollen die Beitragssätze ab Januar 2011 auf 15,5 Prozent steigen. Das soll den Kassen zusätzlich 6,3 Milliarden Euro Einnahmen bescheren. Die seit 2010 verbesserte Absetzbarkeit von Krankenversicherungskosten sorgt bei Bund, Ländern und Gemeinden zugleich im kommenden Jahr für Steuerausfälle in Höhe von 590 Millionen Euro. Verwaltungskosten der Kassen dürfen 2011 und 2012 nicht steigen. Für neu eingeführte Leistungen müssen Krankenhäuser 2011 einen Abschlag von 30 Prozent hinnehmen.

Bei der vertragsärztlichen Vergütung gilt künftig ein noch strengerer Kostendeckel als bisher. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung darf 2011 nur um 0,75 Prozent steigen. Alle bisher extrabudgetär vergüteten Leistungen werden reglementiert, wenige Präventionsleistungen sind ausgenommen.

Die Kritik an den Plänen zur Gesundheitsreform reißt unterdessen nicht ab. Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender bezeichnete den Gesetzentwurf als "Sackgasse". Angesichts der höchsten Staatsverschuldung aller Zeiten sei es nicht durchdacht, die Finanzierung des Gesundheitssystems so stark über Steuern laufen zu lassen. Selektivverträge müssten darüber hinaus auch künftig erhalten bleiben. Diese seien ein "Suchprozess für Innovationen".

SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann kritisierte den Entwurf als "sozial ungerecht". Zudem habe Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) einen "Bürokratie-Wust" geschaffen. Das Konzept sei "nicht durchdacht": Hausärzte müssten auch künftig im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung stehen. Anders sei es nicht möglich, eine älter werdende Bevölkerung zu versorgen. Hausärzte seien "zu Recht massiv enttäuscht" und würden von Rösler "verprellt". Schließlich stelle er durch seine Pläne eine wichtige Versorgungsinnovation infrage. Erst kürzlich hat SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel den Hausärzten zugesichert, den von Ulla Schmidt eingeschlagenen Weg auch fortzusetzen.

Lesen Sie dazu auch: Bestandsschutz für Hausarztverträge bis Ende 2012

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