Sozialverband VdK lehnt Einstieg in die Kopfpauschale ab

Der VdK sieht vor allem sozial Schwache als Leidtragende der Gesundheitsreform.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Kampagne des vdk gegen die geplante Reform.

Kampagne des vdk gegen die geplante Reform.

© vdk

STUTTGART. Der Sozialverband VdK droht der Bundesregierung mit einem heißen Herbst. Dies machte Roland Sing, Vizepräsident des VdK Deutschland und stellvertretender Vorsitzender des VdK Baden-Württemberg beim Gesundheitstag 2010 in Stuttgart deutlich. Die Protestaktion "Stoppt den Sozialabbau", die Anfang Oktober begonnen hat, wird weiter laufen, sagte er den 800 Mitgliedern, die aus ganz Baden-Württemberg in die Liederhalle nach Stuttgart gekommen waren.

Die Protestaktion richtet sich gegen die Gesundheitsreform der Bundesregierung, die nach Meinung des VdK die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet. So würden die steigenden Kosten in Form von Zusatzbeiträgen vor allem den Arbeitnehmern und Rentnern aufgebürdet. Somit seien vor allem die unteren Einkommen zusätzlich belastet.

Die unteren Einkommen werden besonders belastet

Ein großes Thema in Stuttgart waren auch die Zusatzbeiträge. Den Einstieg in die Kopfpauschale lehnt der VdK rigoros ab. Damit schließt er sich den Forderungen der Oppositionsparteien und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) an, der das Aktionsbündnis "Köpfe gegen Kopfpauschale" initiiert hat (wir berichteten). Sing geht außerdem davon aus, dass es nicht bei acht Euro für die Zusatzbeiträge bleiben wird, sondern die Beiträge in den nächsten Jahren deutlich steigen werden.

Auch der einfachere Wechsel in die Private Krankenversicherung (PKV) macht dem VdK Sorgen. Wenn die jungen und gesunden Versicherten in die PKV wechseln, werden der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bald die Finanzmittel fehlen. Weil Versicherte abwandern, die wenig Kosten verursachen und gleichzeitig hohe Beiträge einzahlen. Die Leidtragenden seien dann die sozial Schwachen und chronisch Kranken, die Zusatzbeiträge zahlen müssten. "Das Gesundheitswesen wird durch die Reform nicht besser, nicht gerechter und nicht stabiler", sagte Sing. Das Kernproblem sei, dass nicht zu wenig Geld im System ist, sondern dass es falsch eingesetzt werde.

Dieser Meinung ist auch Dr. Christopher Hermann, stellvertretender Vorsitzender der AOK Baden-Württemberg: "Wir geben in Deutschland sehr viel Geld für die Gesundheit aus, nur nicht immer sinnvoll." Mit der hausarztzentrierten Versorgung der AOK in Baden-Württemberg sei das Geld besser eingesetzt, nämlich dort, wo es auch gebraucht wird, so Hermann. Auch mit der Initiative "proReha" gehe die AOK in Baden-Württemberg neue Wege. "Wir haben festgestellt, dass in der Reha nicht immer das gemacht wird, was für die Patienten sinnvoll ist, sondern oft das, was Rehakliniken anbieten", sagte der AOK-Vize.

Mit der Initiative "proReha" wurden Behandlungspfade mit Kliniken für die Reha nach Knie- und Hüftgelenksoperationen entwickelt. 25 000 Patienten seien mittlerweile nach diesen Leitlinien behandelt worden. "Eingespielte Verhaltensweisen müssen verändert werden, das ist ein langer Umlernprozess. Aber es gibt viele Ärzte, die die neuen Wege mitgehen", so Hermann. Dr. Gisela Dahl, Mitglied des Vorstandes der KV Baden-Württemberg, ist der Meinung, dass Ärzte offen für neue Arbeitsweisen sein sollten. Hier werde sich noch einiges ändern, so Dahl. Zum Beispiel würden sich neue Praxis-Formen etablieren, bei denen Ärzte halb in einer Klinik beschäftigt seien und die andere Hälfte ihrer Arbeitszeit in der Praxis verbringen.

Sozialverband VdK

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