Neue Runde im Streit um ärztlichen Notdienst

Jetzt ist auch den Marburger Bund (MB) verärgert: Der Verband kritisiert, dass im neuen Konzept des Notfalldiensts für Westfalen-Lippe Ärzte in den Kliniken nachts die Notfallversorgung sicherstellen sollen - ohne dass der MB oder die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) im Vorfeld eingebunden worden sind.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Wie soll der ärztliche Notfalldienst in Westfalen-Lippe gestaltet werden? Ein Thema, über das seit geraumer Zeitm gestritten wird.

Wie soll der ärztliche Notfalldienst in Westfalen-Lippe gestaltet werden? Ein Thema, über das seit geraumer Zeitm gestritten wird.

© imago

KÖLN. Die Neuorganisation des Notfalldiensts in der KV Westfalen-Lippe (KVWL), die bei vielen niedergelassenen Ärzten für Unruhe gesorgt hatte, hat jetzt auch den Marburger Bund (MB) auf den Plan gerufen.

Der Verband kritisiert, dass im neuen Konzept die Ärzte in den Kliniken nachts die Notfallversorgung sicherstellen sollen - ohne dass der MB oder die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) im Vorfeld angemessen eingebunden worden seien. Das bestreitet die KVWL.

Seit dem 1. Februar stellen in Westfalen-Lippe 67 zentrale Notfalldienstpraxen die ambulante Versorgung außerhalb der Praxiszeiten sicher, die meisten von ihnen sind einer Klinik angeschlossen. In Verträgen mit den Leitungen von 63 Krankenhäusern hat die KVWL geregelt, dass nach 22 Uhr die Kliniken die Notfallversorgung übernehmen.

Diese Entscheidung sei ohne Rücksprache mit der Kammer, dem MB oder den Klinikärzten vor Ort gefallen, kritisiert Dr. Rainer Pohl in einem Brief an den KVWL-Vorstand. Pohl ist Fraktionsvorsitzender des MB in der ÄKWL-Kammerversammlung. Ein entsprechendes Schreiben ist auch an die Landeskrankenhausgesellschaft KGNW gegangen.

Die KVWL und die Klinikleitungen nähmen eine Mehrbelastung der Klinikärzte billigend in Kauf, sagt Pohl der "Ärzte Zeitung". "Die Personaldecke ist dünn, die Belastung während der Bereitschaftsdienste enorm." Die Kollegen in den Krankenhäusern fühlten sich schlecht informiert. Der MB werde die konkreten Auswirkungen der Reform auf die betroffenen Kliniken jetzt genau beobachten, kündigt Pohl an.

Ihn ärgert, dass der KVWL-Vorstand anders als die KGNW bisher nicht auf das Schreiben des MB reagiert hat. Die Notfalldienstreform an sich stelle der MB nicht in Frage, betont er. "Wir unterstützen die Reform und ihre Zielsetzung nach wie vor."

Auch die ÄKWL ist mit dem Vorgehen der KVWL nicht einverstanden. "Die KV sollte solche Verträge nicht über die Köpfe der Klinikärzte hinweg abschließen", sagt Kammersprecher Volker Heiliger. Nicht berücksichtigt habe die KVWL offenbar, dass die in den Häusern tätigen Ärzte zum Teil keinen Facharztstandard haben und keine Rezepte ausstellen können. "Wir sehen noch Klärungsbedarf", sagt Heiliger.

Die KVWL kann die Kritik nicht nachvollziehen. "Wir haben in allen 63 Kliniken die Träger, die Verwaltungsleiter und die betroffenen Chefärzte einbezogen", sagt der zuständige KVWL-Geschäftsführer Thomas Müller.

Die KVWL sei davon ausgegangen, dass die Chefärzte mit ihren Mitarbeitern gesprochen haben. "Wir können als KV nicht zu der Klinikleitung sagen, dass sie mit dem Marburger Bund sprechen muss", sagt Müller. Auch die ÄKWL habe einen Musterkooperationsvertrag erhalten. "Wir können unser Vorgehen offensiv vertreten."

Die Entscheidung, die Klinikärzte in die Versorgung nach 22 Uhr einzubeziehen, beruhe auf den Erfahrungen in anderen Regionen, erläutert er. "Die Hauptinanspruchnahme des Notfalldienstes ist zwischen 19 Uhr und 21 Uhr."

Der Vorwurf des MB, die KVWL habe ihren Sicherstellungsauftrag übertragen, sei falsch. Die niedergelassenen Ärzte würden in der Nacht nach wie vor den Fahrdienst bestreiten. Die KVWL werde die Inanspruchnahme des Notfalldienstes genau evaluieren und gegebenenfalls reagieren, sagt Müller.

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