Interview

"Mein Motto: Hören, was die Ärzte fühlen"

Nach ihrer Wahl hatte die KV-Führung in Baden-Württemberg Ende 2010 einen Neustart angekündigt: "Glasnost" nach innen und außen sowie die Rückkehr zu einer Honorarpolitik fester Preise. Ein halbes Jahr nach Amtsantritt zieht KV-Chef Dr. Norbert Metke Zwischenbilanz.

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Dr. Norbert Metke

Mit viel Beifall beim Hausärztetag in Stuttgart empfangen: KV-Chef Norbert Metke

© Dirk Wilhelmy

Aktuelle Position: Vorstandsvorsitzender der KV Baden-Württemberg.

Werdegang/Ausbildung: Medizinstudium an der Universität Löwen/Belgien; Examen und Promotion an der Universität Ulm.

Karriere: von 1984 bis 2010 Niederlassung in einer orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis in Stuttgart; Mitglied der VV der KV Nordwürttemberg und der KVBW, 1996 bis 2004 Vizevorstand in NW.

Ärzte Zeitung: Sie haben bei Amtsantritt eine neue Honorarpolitik angekündigt. Was ist der Kern dieser neuen Politik?

Dr. Norbert Metke: Wir wollen wieder zu festen Preisen insbesondere auch über ausbudgetierte Leistungen zurück. Dies hat es teilweise bereits in den früheren Teil-KVen gegeben. Es soll idealtypischerweise bei der Vergütung immer nur einen Teilbereich geben, für den eine Mengensteuerung gilt.

Aber die ausbudgetierten Leistungen sind in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren sukzessive verschwunden - mit Ausnahme des ambulanten Operierens. Immer hieß seitens der KV die Begründung: Das war anders nicht durchsetzbar. Wir haben bewiesen, dass es doch geht.

Ärzte Zeitung: Was haben Sie konkret gemacht?

Metke: Man muss die Kassen in die Diskussion über die Versorgungsstruktur einbeziehen. Als bundesweit einzige KV haben wir beispielsweise wieder die Förderung des ambulanten Operierens mit einem Auszahlungspunktwert von bis zu 4,07 Cent erreicht. Warum? Weil wir den Kassen darlegen konnten, worin die wirtschaftlichen Vorteile für sie bestehen.

Ärzte Zeitung: Während die Koalition in Berlin über das Versorgungsgesetz diskutiert, hat die KV die RegioPraxisBW gestartet. Mit welchem Ziel?

Metke: Bei diesem Modell errichtet die KV Versorgungszentren in strukturschwachen Regionen, indem sie mehrere Ärzte zusammenführt, die bisher in der Region verteilt waren, um die Versorgungszentren an diese zu übergeben. In der RegioPraxis BW sollen sie materiell und finanziell unterstützt werden, wobei die Mittel in der Regel von den Kostenträgern und den Gemeinden kommen sollen.

Das Projekt ist sehr gut angelaufen, es gibt bereits sieben Anwärter für Standorte. Wir hoffen, dass wir 2012 insgesamt vier RegioPraxen eröffnen können. Eröffnen können und werden wir diese aber nur, wenn die Last von vielen Schultern getragen wird, wir können das nicht alleine.

Ärzte Zeitung: Von Politik und Kassen ist oft zu hören, es gebe keine Unterversorgung, sondern nur ein Verteilungsproblem…

Metke: Es ist eine Schimäre zu glauben, die Probleme ließen sich allein über Umverteilung lösen. Nehmen Sie als Beispiel Bad Schussenried in der Nähe des Bodensees. Wenn nichts passiert, gibt es dort in drei Jahren für 30.000 Einwohner keinen Arzt mehr.

Ärzte Zeitung: Versprochen haben Sie eine neue Kommunikationspolitik nach innen und außen. Wie weit ist "Glasnost" gediehen?

Metke: Wir haben die Türen weit aufgemacht. Das gilt auch für die Vertreterversammlung, in der der Kreis der Beteiligten durch zusätzliche Ausschüsse größer geworden ist, namentlich durch den Hauptausschuss. Ich denke, dass auch die Berufung eines Vorstandsbeauftragten für Psychotherapie ein Mosaikstein für die Vertrauensbildung gewesen ist.

Zudem habe ich seit Jahresbeginn viele Besuche bei Berufsverbänden absolviert. Hinzu ist eine "Tour de Ländle" mit 14 Stationen gekommen, bei der wir rund 2000 Ärzte erreicht haben. Hören, was die Ärzte in den Praxen fühlen, das ist das Motto.

Ärzte Zeitung: In Ihre Amtszeit fällt die Gründung von FALK, der Freien Allianz der Länder-KVen. Ist FALK auf ständige Opposition abonniert, gerade mit Blick auf die KBV?

Metke: Überhaupt nicht. FALK bündelt lediglich die politische Macht der Kassenärztlichen Vereinigungen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern, da wir knapp die Hälfte der Vertragsärzte repräsentieren.

Uns einen bestimmte Grundprinzipien wie etwa das Nein zu erneuter Umverteilung oder das Ja zu mehr Regionalisierung. Das ist nicht ohne Wirkung geblieben. Wir werden sowohl in der Standespolitik als auch auf der offiziellen politischen Bühne besser gehört, und zwar von höherrangigen Gesprächspartnern als früher.

Die Fragen stellte Florian Staeck.

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