Kuno Winn räumt seinen Stuhl

Drei Gesundheitsminister, zahlreiche Gesundheitsreformen und Ärzteproteste: Professor Kuno Winn hat in seiner Amtszeit als Chef des Hartmannbundes viel erlebt. Nach sechs Jahren ist nun Schluss.

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Nimmt Abschied von der Spitze des Hartmannbundes: Professor Kuno Winn.

Nimmt Abschied von der Spitze des Hartmannbundes: Professor Kuno Winn.

© Hartmannbund

BERLIN (sun). Professor Kuno Winn hat viele Auf und Abs während seiner Zeit als Chef des Hartmannbundes erlebt.

Der ehemalige gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen und jetziges FDP-Mitglied war ein politisches Sprachrohr der Ärzte - der weiß, wie man im politischen Berlin Strippen zieht.

Ende Oktober endet die Ära

Doch nun ist Schluss: Er wird den Platz an der Spitze des Verbandes freimachen. Auf der Hauptversammlung Ende Oktober steht sein jetziger Stellvertreter, Dr. Klaus Reinhard, zur Wahl.

Winn ist sich sicher, dass dieser, sollte er von den Vertretern gewählt werden, die Verbandspolitik in seinem Sinne fortführen wird.

Kostenerstattung ganz oben auf der Wunschliste

Es gibt nach wie vor immer noch genug, wofür es sich aus Sicht Winns zu kämpfen lohnt: Die Kostenerstattung steht immer noch ganz oben auf der Wunschliste des Ärzteverbandes. "Dauerhaft wird die Politik nicht darum herum kommen, diese einzuführen", ist sich Winn sicher.

Doch das System der Kostenerstattung ist selbst mit der schwarz-gelben Koalition politisch nicht durchsetzbar. Das Modell ist umstritten und CDU und CSU haben der Forderung eine klare Absage erteilt.

Aus Winns Sicht ist die Kostenerstattung jedoch ein entscheidender Schritt zu mehr Eigenverantwortung und damit auch für eine notwendige "Kostenbegrenzung".

"Noch ist die Zeit nicht reif"

Dabei gehe nicht darum, dass der Patient Vorkasse leiste, sondern Patienten reichten ihre Rechnung bei der Kasse ein und zahlten erst nach Geldeingang. "Noch ist die Zeit aber nicht reif für dieses System", konstatiert Winn.

Das bisherige müsse offenbar leider erst "an die Wand fahren". Die Weichen für die Kostenerstattung seien aber gestellt. Schließlich setze sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung für eine Einzelleistungsvergütung ein. Und diese sei die notwendige Voraussetzung für die Kostenerstattung.

Für Einheit der Ärzteschaft eingesetzt

Der 67-Jährige setzte sich während seiner Amtszeit auch für die Einheit der Ärzteschaft ein. Kaum als neuer Hartmannbund-Chef angetreten hatte Winn im November 2005 erst einmal für Aufregung gesorgt: In der Ärzteschaft brodelte es, sie waren unzufrieden mit der Sparpolitik der SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in der großen Koalition.

Daher hatte er gemeinsam mit anderen Verbänden die Ärzteproteste ausgerufen - daraus entstand am Ende die Allianz deutscher Ärzteverbände.

Winn hatte das richtige Bauchgefühl

Aus heutiger Sicht weiß Winn: Er hatte das richtige Bauchgefühl. Damals erforderte die Entscheidung allerdings Mut: "Wie viele wirklich zu den Protesten erscheinen war damals unkalkulierbar", erinnert sich Michael Rauscher, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Sprecher des Verbandes.

Gleich beim ersten Protesttag am 18. Januar 2006 in Berlin kamen etwa 20.000 Ärzte. "Die Ärzte standen sogar bei der eisigen Kälte vor den Türen des Saals", so Rauscher.

Proteste schlugen eine riesige Welle

Mit diesem Erfolg habe man nicht gerechnet, resümiert Winn. Die Proteste haben eine "riesige Welle" geschlagen, deren Wirkung zeige sich bis heute.

Die Politik wisse um die Protestbereitschaft der Ärzte. "Und am Hartmannbund kommt man heute nicht mehr so leicht vorbei", schmunzelt Winn.

Mitliederzuwachs beim Hartmannbund

Der Hartmannbund konnte in den vergangenen Jahren viele junge Mitglieder gewinnen. 20.000 der insgesamt 75.000 vom Verband vertretene Ärzte sind Nachwuchsmediziner. Auch das ist ein Teil von Winns Vermächtnis, auch wenn er das selbst so nicht sagen mag.

Der Verband wirbt gezielt um den Nachwuchs und bietet wichtige Unterstützung während des Studiums und konkrete politische Teilhabe an der Verbandsarbeit.

Winns Zukunft steht im Sinne des medizinischen Nachwuchses: Er hat einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Magdeburg- Stendal.

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