IV für Versicherte ein Buch mit sieben Siegeln

IV-Verträge gelten als Testfeld für Innovationen - und für Wettbewerb im Gesundheitswesen. Doch oft scheitern sie am Versicherten: Ihr Interesse an den Verträgen ist oft gering.

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BERLIN (sun). Immer noch gibt es zu wenige Informationen über die Qualität von Selektivverträgen. Das haben Verbraucherschützer in Berlin kritisiert.

"Wir wissen nicht, was wir den Bürgern sagen sollen. Bei Selektivverträgen gibt es schlichtweg ein schwarzes Loch", sagte Ilona Kösters-Steinebach vom Verbraucherzentrale Bundesverband anlässlich der Veranstaltung "AOK im Dialog".

Weder bei den Kassen noch bei den Ärzten können sich Versicherte leicht über die Verträge informieren, kritisierte Kösters-Steinbach die fehlende Transparenz der Verträge.

Wettbewerb findet nicht statt

Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass dies eine wesentliche Ursache dafür ist, warum nur wenige Patienten von Integrierter Versorgung profitieren.

Doch das ist nicht die einzige Blockade für eine Weiterentwicklung der integrierten Versorgung. IV-Verträge gelten als Instrument des Qualitätswettbewerbs unter den Kassen. Sie gelten als ein Experimentierfeld für neue Behandlungsmethoden.

Doch diese Art des Wettbewerbs finde derzeit nicht statt, beklagte AOK-Chef Jürgen Graalmann. Statt dessen habe sich ein "Zusatzbeitrags-Vermeidungswettbewerb" entwickelt.

Bahr-Reform wird Status quo nicht ändern

Daran werde auch das von der schwarz-gelben Koalition auf den Weg gebrachte Versorgungsstrukturgesetz nichts ändern. Dort sei der Wettbewerb zum "Appendix" verkommen.

Graalmann forderte klare Rahmenbedingungen dafür, welche Leistungen künftig im Kollektivvertrag zu erbringen seien und welche in Direktverträgen mit Leistungsanbietern vereinbart werden könnten.

Ein weiteres Problem sind mangelnde finanzielle Anreize. "Die Anschubfinanzierung hat die IV-Verträge vorangebracht", betonte Barmer GEK-Vize Rolf Schlenker. Diese ist jedoch Ende 2008 ausgelaufen.

Hoher Aufwand, wenig Spielraum

Der Aufwand für die IV-Verträge sei hoch; die finanziellen Spielräume der Kassen seien in Zeiten des Gesundheitsfonds eingeschränkt, so Schlenker. Zudem entstünden relevante "Abschlusskosten".

Der Bundesverband Managed Care (BMC) forderte den Gesetzgeber auf, seinen "Fokus gezielt auf IV" auszurichten.

Weder Ärzte noch Kassen könnten ohne finanzielle Anreize die notwendigen Startinvestitionen für neue IV-Verträge aufbringen. Daher seien Innovationsbudgets notwendig.

Der BMC fordert zwei Prozent des Gesundheitsfonds, das wäre 3,4 Milliarden Euro.

Deutschlandweit gibt es etwa 6000 Verträge zur integrierten Versorgung. Die Barmer GEK hat mehr als 200 solcher Verträge abgeschlossen. Etwa 45.000 der insgesamt acht Millionen Barmer GEK-Versicherten nehmen daran teil.

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