Bahr beschleunigt Kampf gegen Krebs

Lange war es um den Nationalen Krebsplan ruhig geworden - jetzt soll es plötzlich schnell gehen: Gesundheitsminister Daniel Bahr will mit den Ländern die Krebsprävention intensivieren und Krebsregister aufbauen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Untersuchung zur Darmkrebsfrüherkennung: Versicherte sollen dazu künftig eingeladen werden.

Untersuchung zur Darmkrebsfrüherkennung: Versicherte sollen dazu künftig eingeladen werden.

© Klaus Rose

BERLIN. Bewegung beim Nationalen Krebsplan: Ein Schwerpunkt sollen Früherkennungsprogramme für Gebärmutterhals- und Darmkrebs sein.

Versicherte sollen künftig zu diesen Screenings eingeladen werden, wie dies beim Mammographie-Screening bereits der Fall ist, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die Vorarbeiten dazu solle der Gemeinsame Bundesausschuss leisten, erklärte das Ministerium.

Geprüft wird, ob Screenings bundeseinheitlich organisiert werden könnten. Die begleitende Gesetzgebung sei in Vorbereitung, sagte ein Ministeriumssprecher der "Ärzte Zeitung".

Flächendeckendes Krebsregister soll kommen

Der Aufbau flächendeckender klinischer Krebsregister soll ebenso zur Pflicht werden. Dies unterstrich Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) mit der Ankündigung eines mit den Ländern abgestimmten Gesetzgebungsverfahrens. Eine datensparsame Tumordokumentation soll die Arbeit von Onkologen entlasten, einen Fall mehrmals dokumentieren zu müssen.

Diese drei Schwerpunkte könnten noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, sagte der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, Dr. Johannes Bruns, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Auch die Länder, die mit eigener Gesetzgebung Krebsregister auf den Weg bringen müssen, werden auf der Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) im Juni 2012 dazu beraten. Der Nationale Krebsplan wird beim Krebskongress vom 22. bis 25. Februar in Berlin eine zentrale Rolle spielen.

Nationaler Krebsplan existiert seit 2008

Unter dem Titel "Nationaler Krebsplan" haben sich 20 Organisationen, darunter auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer, sowie mehr als 100 Fachleute aus dem Gesundheitswesen im Juni 2008 dem Ziel verschrieben, die Zahl der Krebserkrankungen senken zu wollen. Moderiert werden sollte die Umsetzung des Plans im Gesundheitsministerium.

Doch seit dieser Ankündigung galt der Krebsplan in der Öffentlichkeit als verschollen. Lediglich in Fachzirkeln tauchte das Thema hin und wieder auf. Der Tenor lautete: Da passiert nicht viel. Tatsächlich war das Interesse zum Beispiel an mehr Transparenz in der onkologischen Versorgung nicht bei allen gleich hoch.

Jetzt soll auf einmal alles ganz schnell gehen. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat in der vergangenen Woche mehr als 100 Umsetzungsempfehlungen der Fachleute vorgestellt. Bei einem Spitzengespräch mit den Akteuren machte er deutlich, dass er alle in der Verantwortung sehe, jetzt zu handeln. Dort, wo bislang gebremst wurde, will er in Abstimmung mit den Ländern Druck ausüben. Dabei liegen die Prioritäten für den Minister bei der Krebsfrüherkennung und in den onkologischen Versorgungsstrukturen.

Vier Handlungsfelder

Vier gesundheitspolitische Handlungsfelder stehen im Fokus einer "Gemeinsamen Erklärung" der Organisationen:

Früherkennung: Die gesetzlich Versicherten sollen zu Gebärmutterhals- und Darmkrebs-Screenings eingeladen werden. Die Vorarbeiten dazu soll der GBA leisten. Das Gesundheitsministerium wird die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Für die Länder bedeutet dies den Aufbau von Krebsregistern.

Versorgung: Auch hier ist zunächst der GBA gefragt. Er soll gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe prüfen, ob eine Bestandsaufnahme der Qualitätssicherungssysteme in der onkologischen Versorgung schnell angegangen werden kann. Gesetzlich geregelt werden soll die Einführung flächendeckender klinischer Krebsregister.

Onkologische Arzneimittelversorgung: Dieses Thema ist zurückgestellt. Zunächst sollen die Erfahrungen und Ergebnisse des im Januar 2011 in Kraft getretenen AMNOG abgewartet werden.

Patientenorientierung: Dafür liegen noch keine gesundheitspolitischen Empfehlungen vor. Ziel ist aber ein "fairer und schneller" Zugang zu innovativen Krebstherapien für alle Patienten. Dafür soll die rasche Translation neuer Therapieoptionen in die Anwendung gesichert werden. Krebsarzneimittel sollen "anbieterunabhängig und zeitnah" bewertet werden.

Es soll schnell gehen

Noch in dieser Legislaturperiode sollen die Gesetze zur Früherkennung und zur Einführung flächendeckender klinischer Krebsregister stehen, hat ein Sprecher Bahrs der "Ärzte Zeitung" bestätigt. Die so entstehende Transparenz soll nicht zum Ausschluss von Kliniken und niedergelassenen Ärzten aus der onkologischen Versorgung führen.

"Wenn man Transparenz schafft, gibt es Veränderungskapazitäten", sagte der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, Dr. Johannes Bruns, der "Ärzte Zeitung". Ausschlüsse wären bei steigenden Krebszahlen kontraproduktiv.

Wichtiger Schritt

In der Selbstverwaltung wird die plötzliche Beschleunigung des Krebsplans verhalten aufgenommen. Man habe aus dem Gespräch beim Minister mitgenommen, dass man nicht mehr warten könne, bis andere etwas tun, sagte ein Vertreter einer Organisation der "Ärzte Zeitung".

Die Gemeinsame Erklärung sieht vor, dass jede Organisation "die in ihren Zuständigkeits- oder Regelungsbereich fallenden Empfehlungen eigenverantwortlich" umsetzt.

Es gebe keinen Bereich, für den ausschließlich die Kliniken zuständig seien, sagt eine Sprecherin der DKG. Aufgerufen sei die Selbstverwaltung im GBA. Der Krebsplan bedeute einen wichtigen Schritt.

Gut sei, dass einige Aufgaben priorisiert seien. "Wir sind aber noch ein Stück weg von einer Agenda und der Diskussion über die Kosten", sagte die Sprecherin.

GKV-Spitzenverband: "Wir sind dabei"

Auch der GKV-Spitzenverband sieht seine Aufgaben vor allem als Träger des GBA.

"Im GBA wird der Spitzenverband mit anderen Akteuren der Selbstverwaltung die in diesen Regelungsbereich fallenden Umsetzungsempfehlungen eigenverantwortlich umsetzen", teilte eine Sprecherin mit. "Wir sind dabei", sagt KBV-Sprecher Roland Stahl.

Erst müsse aber der Gesetzgeber seine Arbeit tun. Sonst könne die KBV keine Konzepte für die Früherkennungsprogramme entwickeln. Das Thema werde die KBV noch Jahre beschäftigen.

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