Hausarzt - der schönste Beruf der Welt?

Der Ärztetag hat sich intensiv mit der Rolle des Hausarztes beschäftigt - und bemühte sich um ein positives Bild. Doch ein gutes Zeugnis wollten nicht alle Delegierten ihrem Beruf ausstellen. Manche warnten angehende Ärzte sogar davor.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Der Hausarzt als Kümmerer und Manager im Dschungel des Gesundheitswesens: Das verlangt viel Engagement und Empathie.

Der Hausarzt als Kümmerer und Manager im Dschungel des Gesundheitswesens: Das verlangt viel Engagement und Empathie.

© Klaus Rose

NÜRNBERG. Freundlicher Manager, fürsorglicher Kümmerer und verständnisvoller Partner: "Der Hausarzt ist der zentrale Ansprechpartner für die akute Versorgung und die kontinuierliche, oft lebenslange Betreuung der Bürger bei allen gesundheitlichen Problemen."

Dieses Berufsbild zeichnet ein Positionspapier der Bundesärztekammer, das unter Federführung von BÄK-Vorstand und Hausarzt Dr. Max Kaplan aus Bayern erarbeitet wurde.

"Wir wollen mit einem positiven Bild junge Mediziner vom Hausarztberuf begeistern." Der Ärztetag hat nach langer Debatte das Papier einstimmig verabschiedet.

Der Abstimmung ging eine kontroverse Debatte über das Berufsbild des Hausarztes voraus. Dabei sind die Grundaussagen gar nicht strittig: Das Papier stelle eine "zukunftsorientierte Perspektive für den Hausarztberuf" dar, heißt es in der Präambel.

Der Arbeitsauftrag an die Allgemeinmedizin ist klar formuliert: Durch die haus- und familienärztlichen Funktionen wird der Patient ganzheitlich versorgt. Der Hausarzt hat eine Koordinationsfunktion bei der Zusammenarbeit mit Kliniken, Fachärzten und Heilmittelerbringern.

Ebenso hat er eine Gesundheitsbildungsfunktion für Patienten. Um diese komplexen Aufgaben zu erfüllen, listet das BÄK-Papier 14 Kompetenzen auf, unter anderem problemorientierte Diagnostik, die Entwicklung eines Vertrauensverhältnis mit dem Patienten, sodass beispielsweise psychische Störungen erkannt werden.

Werber, Mahner und Bedenkenträger

Hausbesuche und die Versorgung von chronisch kranken und multimorbider Patienten gehören ebenfalls dazu. "Diese Kompetenzen erfordern ein hohes Maß an sozialem Engagement und Empathie."

Weiter erwähnt das Papier explizit, dass Hausärzte gemeinsam mit Pädiatern die Versorgung vor Ort sicherstellen. Kooperationen sollen daher stetig ausgebaut werden.

In einem weiteren Teil greift das Papier das Forschungsprofil des Faches Allgemeinmedizin auf. "Wir wollen zeigen, dass man in dem Fach mit einer breiten Fragestellung auch eine wissenschaftliche Karriere machen kann", erklärte Kaplan.

Die Delegierten zeigten sich in der Diskussion darüber gespalten: Während die einen "vom schönsten Beruf der Welt" schwärmten, bewerteten die anderen das BÄK-Papier als eine "Stellenausschreibung, die eine reine Illusion ist".

Leidenschaftliche Werber für den Hausarzt-Beruf, Bedenkenträger mit Blick auf die Zukunft des Hausarztes und Mahner, die die Allgemeinmedizin an den Universitäten zu schwach vertreten sehen, wechselten sich am Rednerpult ab.

Dr. Christoph von Ascheraden, neu-gewähltes BÄK-Vorstandsmitglied und Hausarzt in Baden-Württemberg, appellierte an die Delegierten, ihren Beruf nicht zu negativ zu bewerten.

"Auch der Zehnkämpfer ist nicht in allen Disziplinen Weltmeister. Dieses Papier ist ein stetiger Arbeitsauftrag für alle Hausärzte, die Tätigkeit weiterzuentwickeln." Professor Ulrich Schwantes aus Brandenburg erklärte, das BÄK-Papier beschreibe, was er täglich erlebe. "Und ich bin stolz auf meinen Beruf".

Ermahnung an die Universitäten

Diesen Stolz tragen nicht alle Hausärzte in sich. "Es ist ein wunderschönes Idealbild und ich bin jetzt entsetzt, weil dieses Idealbild nicht erfüllt wird", erklärte Dr. Ulrich Mohr aus Baden-Württemberg.

Und Martin Grauduszus aus Nordrhein: "Es ist der schönes Beruf, aber ich warne alle, die den Beruf ergreifen wollen."

Ärzte an den Universitätskliniken beklagten, dass die Allgemeinmedizin in der Forschung kaum wahrgenommen werde. "Sie vertreten eins der wichtigsten klinischen Fächer, stellen Sie sich auch so auf", rief Professor Bernd Haubitz von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Aus der Erfahrung des Radiologen gehörten Allgemeinmediziner in die Notaufnahme, "doch sie sitzen im Schwesternwohnheim und machen Versorgungsforschung."

Die Polemik ließen die Hausärzte nicht zu: Immerhin gebe es an 19 von 36 Universitäten einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin. Dr. Thomas Lipp aus Sachsen ermahnte die Hochschulen: "Die Allgemeinmedizin muss neben der Inneren und der Chirurgie als großes Fach etabliert werden".

Nach seiner Aussage habe der Beruf zwar Klippen durch Bürokratie, Budgetierung und Pauschalierung. Aber: "Man hat einen riesigen Gestaltungsspielraum."

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