Ost-Ärzte sind Umsatz-Spitzenreiter

Transparente Arzt-Honorare: Erstmals hat die KBV jetzt einen Honorarbericht vorgelegt. Überraschendes Ergebnis: Die ostdeutschen Hausärzte machen deutlich mehr Umsatz als ihre West-Kollegen. An den Fallwerten liegt es aber nicht.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Neue Aufgabe für die KBV: Auskultation der Arzt-Honorare.

Neue Aufgabe für die KBV: Auskultation der Arzt-Honorare.

© e. umdorf / imago

BERLIN. Bei leicht unterdurchschnittlichen Fallwerten erreichen die Praxen von Allgemeinärzten und Internisten in den neuen Bundesländern mit mehr als 110.000 Euro einen Halbjahresumsatz 2011, der um rund 15.000 Euro über dem Bundesdurchschnitt liegt.

Das geht aus dem Honorarbericht der KBV für das 1. Halbjahr 2011 hervor, der am Freitag publiziert worden ist.

Nach dem Versorgungsstrukturgesetz ist die KBV gesetzlich verpflichtet, Honorar- und Ertragsentwicklung differenziert nach KVen und Fachgruppen transparent zu machen.

Um 3,4 Prozent auf 16,03 Milliarden Euro ist die Summe der Gesamtvergütungen im ersten Halbjahr 2011 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2010 in allen Kassenärztlichen Vereinigungen gestiegen. Mit 3,8 Prozent stieg die Gesamtvergütung je Versicherten etwas stärker.

Aufgrund der asymmetrischen Verteilung des Honorarzuwachses fielen die Veränderungsraten für die einzelnen KVen stark unterschiedlich aus.

MGV steigt stärker als extrabudgetäres Honorar

Die weit überdurchschnittliche Wachstumsrate in Bayern erklärt sich ausschließlich aus der stark geschrumpften Bereinigung der kollektivvertraglichen Vergütung als Folge der Kündigung von Hausarztverträgen. Das Wachstum der KV-Vergütung in Bayern ist daher nicht als Honorarzuwachs für die bayerischen Ärzte zu interpretieren.

Hauptbestandteil des Gesamthonorars ist die gedeckelte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV), deren Anteil je nach KV zwischen 70 und 77 Prozent schwankt.

Auffällig ist dabei, dass die MGV im ersten Halbjahr 2011 um 4,4 Prozent auf mehr als 11,9 Milliarden Euro gestiegen ist, während die extrabudgetären Vergütung nur um 0,9 Prozent auf knapp 4,1 Milliarden Euro gewachsen ist.

Im Bundesdurchschnitt zahlten die Kassen je Versicherten 171,21 Euro in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung, aus der die ambulante Grundversorgung durch die meisten Ärzte finanziert wird.

Allerdings schwanken die Werte regional erheblich: Mit 194,17 Euro liegt Berlin an der Spitze, die KVen Baden-Württemberg und Westfalen-Lippe liegen mit etwas mehr als 160 Euro weit unter dem Durchschnitt.

Auch die neuen Bundesländer - mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern, das bei 187 Euro liegt - erhalten nur leicht unterdurchschnittliche Zahlungen in die MGV je Versicherten, obwohl diese Bundesländer eine überdurchschnittliche Morbidität aufweisen.

Unter den westlichen Bundesländern ragen Bayern (182,09 Euro) und das Saarland (182, 01 Euro) mit überdurchschnittlichen MGV-Werten heraus.

Der durchschnittliche Honorarumsatz je Vertragsarzt/Psychotherapeut ist im ersten Halbjahr 2011 um 2948 Euro (drei Prozent) auf 102.004 Euro gestiegen. Der Fallwert nahm um 2,4 Prozent auf 59 Euro zu.

Überzahlungen im Vorjahr drücken das Wachstum

Regional gibt es stark unterschiedliche Entwicklungen. Ursächlich dafür sind, wie insbesondere in Hamburg, Überzahlungen in den ersten Quartalen des Jahres 2010, die im Folgejahr ausgeglichen worden und sich deshalb in der 2011er Statistik als Honorarrückgang niederschlagen.

Anders hingegen in Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Berlin und Sachsen-Anhalt, wo sich aufgrund statistischer Effekte ein leicht überdurchschnittlicher Honorarzuwachs zeigt. In Bayern hat die Kündigung von Hausarztverträgen gegen Jahresende 2010 dazu geführt, dass die Bereinigungsbeträge stark rückläufig waren.

Da der Erhöhung der KV-Honorare an die Hausärzte ein Honorarverlust bei den Hausarztverträgen gegenübersteht, darf diese Arztgruppe in Bayern nicht als Gewinner betrachtet werden.

Aufgrund des bedeutenden Finanzvolumens der bayerischen Hausarztverträge und aufgrund des Gewichts der größten KV in Deutschland schlägt sich der Kündigungseffekt bundesweit in der KBV-Statistik nieder.

Dieser Effekt verzerrt insbesondere die tatsächliche Entwicklung der hausärztlichen Vergütung. So weist die KBV-Statistik einen durchschnittlichen Zuwachs des Honorarumsatzes der Hausärzte von acht Prozent auf 96.283 Euro aus.

Hausarztpraxen in Niedersachsen zählen zu den umsatzstärksten

Bei einer nach KVen differenzierten Betrachtung haben lediglich die Praxen in Nordrhein mit einem Plus von 13,1 Prozent und die Hausärzte in Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen mit einem Zuwachs von 8,7, 6,7 und acht Prozent eine überdurchschnittliche Dynamik.

Allerdings: Der Praxisumsatz in Berlin und Nordrhein lag im ersten Halbjahr 2010 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Das wurde als Folge der asymmetrischen Verteilung der Honorarzuwächse etwas ausgeglichen.

Unter den westlichen Bundesländern zählen die niedersächsischen Hausarztpraxen zu den umsatzmäßig stärksten: hier werden fast 109.000 Euro im Halbjahr erreicht; dabei liegt der Fallwert mit 58,33 Euro nur knapp über dem Bundesdurchschnitt.

Eindeutig zu den Gewinnern zählen im ersten Halbjahr 2011 die Kinderärzte: Im Durchschnitt stieg das Honorar je Praxis um 6,9 Prozent auf knapp 107.000 Euro. Die größten Zuwächse zwischen 13 und fast 15 Prozent erreichten die Pädiater in den KVen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein.

Die höchsten Durchschnitts-Honorare mit gut 116.000 Euro erzielten Kinderarzt-Praxen in Niedersachsen und Westfalen-Lippe. Der bundesdurchschnittliche Fallwert stieg um 5,7 Prozent.

Facharzt-Honorar stagniert im Durchschnitt

Stagnation dagegen im fachärztlichen Versorgungsbereich: Der Durchschnittsumsatz je Praxis erreichte etwa mehr als 100.000 Euro, 0,7 weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Regional gab es beträchtliche Abweichungen: Rheinland-Pfalz plus 5,7 Prozent, Hamburg minus elf Prozent.

Unter den verschiedenen Fachgruppen gibt es Gewinner und Verlierer. Teils beträchtliche Zuwächse bei Praxisumsatz haben Psychiater (2,1 Prozent), Neurologen (8,7 Prozent), Nervenärzte (13,5 Prozent), Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie (9,5 Prozent) und Hautärzte (7,2 Prozent) erzielt.

Die durchschnittlichen Umsätze von Psychiatern und Neurologen mit 66.500 und 81.600 Euro bleiben gleichwohl auf einem relativ niedrigen Niveau.

Zu den Verlierern zählen unter anderen Anästhesisten (minus 4,1 Prozent), Urologen (minus 2 Prozent) und Gynäkologen (minus 3,2 Prozent).

Lesen Sie in Kürze im zweiten Teil, was vom Umsatz als Gewinn verbleibt.

Durchschnittsumsatz je Arzt bei 102.000 Euro im Halbjahr

Entwicklung der Umsätze je Praxis und der Fallwerte im ersten Halbjahr 2011
Kassenärztliche
Vereinigung
Honorarumatz je Arzt in Euro Veränderung zum 1. Halbjahr 2010 Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro Veränderung zum 1. Halbjahr 2010
1. Halbjahr 2011 in Prozent 1. Halbjahr 2011 in Prozent
Schleswig-Holstein   98.563      5,5 55,82      2,8
Hamburg   96.432 - 10,9 60,26 - 10,0
Bremen 107.874      1,6 58,70      1,5
Niedersachsen 112.851      2,2 58,97      1,3
Westfalen-Lippe 109.294      2,6 56,61      3,4
Nordrhein   94.681       4,1 58,12      4,6
Hessen   93.177    - 1,3 57,38    - 0,9
Rheinland-Pfalz  103.033       5,7 59,14      6,2
Baden-Württemberg   98.911      1,8 62,44      4,5
Bayerns   99.968      7,5 65,10      0,7
Berlin   80.025      3,4 58,95      3,6
Saarland 104.040   - 0,3 63,91      1,1
Mecklenburg-Vorpommern 121.180      0,2 56,78  - 0,6
Brandenburg 107.637      0,6 52,30     1,5
Sachsen-Anhalt 114.129      4,1 54,56     4,6
Thüringen 112.434      1,5 51,61     1,4
Sachsen 115.408      5,1 55,82     5,4
Bund 102.004      3,0 59,00     2,4
Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik: Praxen mit zugelassenen Ärzten - Tabelle: Ärzte Zeitung

Hausärzte in den neuen Ländern in der Spitzengruppe

Durchschnittliche Honorarumsätze je Praxis im ersten Halbjahr 2011
Kassenärztliche Vereinigung Honorarumatz je Arzt in Euro Veränderung Honoarumsatz je Behandlungsfall in Euro Veränderung
1. Halbjahr 2011 in % 1. Halbjahr 2011 in %
Schleswig-Holstein   86.469     2,1 54,01 -  0,5
Hamburg   73.941 - 12,2 47,98 - 14,5
Bremen   92.334     4,7 51,43      2,2
Niedersachsen 108.759     4,0 58,33      2,6
Westfalen-Lippe   98.673     4,3 51,35      2,2
Nordrhein   97.193   13,1 58,63    11,1
Hessen   98.934 -  1,2 55,98   - 2,8
Rheinland-Pfalz   96.906     4,8 58,10       3,3
Baden-Württemberg   78.821 -  1,6 59,34       3,8
Bayerns   94.071   34,9 63,34       9,6
Berlin   83.251     8,7 55,10       5,7
Saarland   97.287 -  0,2 58,14       0,1
Mecklenburg-Vorp. 109.292    2,0 56,03       0,1
Brandenburg 112.737    4,8 58,01       3,9
Sachsen-Anhalt 113.156    6,7 53,42       6,8
Thüringen 112.462    4,2 52,70       1,8
Sachsen 109.706    8,0 57,16       6,7
Bund 96.283    8,0 57,25       4,4
Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik: Praxen mit zugelassenen Ärzten - Tabelle: Ärzte Zeitung

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Lohn für harte Arbeit

Lesen Sie dazu auch: Nur jeder vierte verdiente Euro bleibt dem Praxischef

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen