Medizinstudenten sind sich einig

Landarztpraxis kein Auslaufmodell

Einzelpraxen und MVZ werden auf dem Land gebraucht. Den wissenschaftlichen Fortschritt holen sich Hausärzte via Telemedizin in die Praxis, meinen Medizinstudenten.

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Traumberuf Hausarzt? Bei den frisch gewählten "Medical Excellence"-Stipendiaten Dominic Imort und Rica Dawid stehen die Chancen dafür gut.

Traumberuf Hausarzt? Bei den frisch gewählten "Medical Excellence"-Stipendiaten Dominic Imort und Rica Dawid stehen die Chancen dafür gut.

© jvb

WIESLOCH (jvb). Für die Bevölkerung in ländlichen Regionen soll es in Zukunft sowohl von Hausärzten betriebene Einzelpraxen als auch Medizinische Versorgungszentren geben. So stellen sich zumindest Medizinstudenten die gesundheitliche Versorgung vor.

Das zeigte sich bei der Diskussionsrunde "Landarzt-Suche - Wie wird eine Niederlassung auf dem Land attraktiver?" von der Finanzberatung MLP und Springer Medizin in Wiesloch. Anlass war die Wahl der Stipendiaten für das Förderprogramm "Medical Excellence 2012" für Medizinstudierende.

"Ich denke, wir brauchen Einzel- oder Gemeinschaftspraxen neben MVZ. In meine Hausarztpraxis könnten stundenweise auch Fachärzte kommen, um für die nicht mehr so mobilen älteren Patienten Sprechstunden abzuhalten", beschreibt Rica Dawid ihr Ziel.

Die Charité-Studentin hat 2012 das Sonderstipendium "Hausarzt" bei Medical Excellence gewonnen.

Bessere Vergütung gefordert

"Wir brauchen kleine Praxen. Denn wo nur wenige medizinische Leistungen in Anspruch genommen werden, überlebt kein MVZ", ist auch Jan Ulrich überzeugt.

Um mit wissenschaftlichen Entwicklungen Schritt zu halten, könnten Hausärzte telemedizinisch zum Beispiel an Unikliniken angeschlossen werden, schlagen die Studenten vor.

Eine flächendeckende ambulante Versorgung müsse es weiterhin geben, denn sie helfe Akutfälle in der Klinik zu vermeiden, erklärt Tobias Moczko.

Die Studierenden sind sich daher einig, dass Hausärzte gestärkt werden müssen. Vor allem die Leistungen sollten besser vergütet werden.

"Die eigentliche Heilkunst - Zuhören, Sprechen - wird, verglichen mit technischen Leistungen, untervergütet", berichtet Allgemeinmediziner Dr. Burkhard Zwerenz aus der Praxis.

Aber: "Das enge Arzt-Patienten-Verhältnis, wie es beim Hausarzt vorkommt, ist in der Honorierung nicht aufzuwiegen", ermutigt er die Studenten.

Neben dem Geld müssen auch die familiären Bedingungen stimmen. "Wenn ich als Mutter zum Beispielin Teilzeit arbeiten will, brauche ich eine Kinderbetreuung und Schulen in der Nähe", sagt Claudia Soliga.

Auch für Niederlassung feste Ansprechpartner gewünscht

Auch an den Universitäten müsste die Allgemeinmedizin stärker vertreten sein, meint Stefan Blug. Vorbildlich ist da die Technische Universität München, erzählt Veronika Mathiova. Dort vermittle das Institut für Allgemeinmedizin etwa PJ-Plätze mit Stipendien.

Wie im Studium wünschen sich die Studenten auch für die Niederlassung feste Ansprechpartner. "Ich brauche jemanden, den ich fragen kann", sagt Karolin Tietze. Doch die Anforderungen an Lehrpraxen seien unglaublich groß.

Auch wenn aus ihrer Sicht nicht alles optimal ist, wollte Rica Dawid schon zu Beginn des Studiums Hausärztin werden: "Ich möchte meine Patienten ihr Leben lang begleiten und sie als Ganzes sehen."

Sieger von "Medical Excellence" gekürt

Die Gewinner 2012 des Stipendienprogramms "Medical Excellence" von MLP und der Manfred Lautenschläger Stiftung stehen fest. 18 Studenten erhalten wegen besonderer wissenschaftlicher Studienleistungen oder sozialen Engagements rund 3000 Euro Förderung.

Für Science, Social und Studies Excellence gibt es 500 Euro pro Semester über drei Jahre, für die Sonderstipendien Hausarzt, Gefäßmedizin und Neurowissenschaften ein halbes Jahr 500 Euro monatlich. Die 100 Teilnehmer der Endrunde werden ins Medical Excellence Netzwerk aufgenommen.

Die Stipendiaten im Überblick: Zakariya Ali, Charite Berlin, Othman Al-Sawaf, Rheinisch-Westfalische TH Aachen, Jan Brunsing, Rheinisch-Westfalische TH Aachen, Markus Dehe, Charite Berlin, Julia Dieckow, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Julius Fleischhammer, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Dominic Imort, Ruhr-Universität Bochum, Joshua Janas, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Steve Martin, Charite Berlin, Ingo Mrosewski, Charite Berlin, Julia Rehme, Ludwig-Maximilians-Universität München, Sonja Rogusch, Private Universität Witten/Herdecke, Jens Spießhöfer, Ruhr-Universität Bochum, Andreas Gustafsson Thieme, Ludwig-Maximilians-Universität München und Frederik Weil, Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg.Die drei Sonderstipendien gingen an: Rica Dawid, Charite Berlin (Hausarzt), Tanja Eggersmann, Ludwig-Maximilians-Universität München (Gefäßmedizin) und Theodor Ruber, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Neurowissenschaften).

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