KV Berlin

Schlussakt in Vorstandsaffäre steht an

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Die Vertreterversammlung der KV Berlin ist durch den Senat gezwungen, ihre frühere Genehmigung einer Sonderzahlung für den Vorstand wieder zurückzunehmen. Heute (10. Januar) tagt sie und einzelne Delegierte wollen Neuwahlen erzwingen.

Von Angela Misslbeck

BERLIN. Die Selbstverwaltung der niedergelassenen Ärzte in Berlin steht vor einer Zerreißprobe.

Die Vertreterversammlung der KV Berlin muss in ihrer Sitzung am heutigen Donnerstag (10. Januar) den Verpflichtungsbescheid des Gesundheitssenators zur Rückzahlung der Übergangsgelder von je 183.000 Euro an die drei Vorstände umsetzen. Sonst droht eine Ersatzvornahme.

Die KV Berlin hat die Klage gegen den Bescheid während der laufenden Verhandlung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam Mitte Dezember zurückgezogen, nachdem der Richter deutlich gemacht hatte, dass sie aussichtslos ist.

Gericht sah einen Gesetzesverstoß

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Zahlung der Übergangsgelder zu Recht beanstandet worden sei. Es sah in der Zahlung des Übergangsgeldes einen Gesetzesverstoß, weil die Voraussetzungen für die Zahlung nicht vorgelegen haben.

Das wäre nur der Fall gewesen, wenn Dr. Angelika Prehn, Dr. Uwe Kraffel und Burkhard Bratzke ihre Vorstandstätigkeit beendet und die ärztliche Tätigkeit hauptberuflich fortgesetzt hätten.

Die KV Berlin hat in der Stellungnahme zur Rücknahme der Klage darauf verwiesen, dass der Verpflichtungsbescheid des Gesundheitssenators geändert worden sei.

Diese Änderung betraf aber nach Angaben der Senatsgesundheitsverwaltung nur die Frist, binnen derer der Bescheid umgesetzt werden muss. Inhaltlich wurde nichts geändert.

Der Bescheid besagt, dass die Vertreterversammlung ihren Beschluss vom Mai 2011 zur nachträglichen Genehmigung der Auszahlung aufheben muss und VV-Chef Dr. Jochen Treisch die nötigen Schritte zur Rückzahlung der Übergangsgelder einleiten muss.

Treisch hat angekündigt, dass er nach der nicht-öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend Stellung nehmen wird.

Wahrscheinlich ist, dass die Vertreterversammlung eine Ersatzvornahme vermeiden will und den Bescheid umsetzt. Unterstützer des Vorstands werden sicher eine Lösung suchen, die den Vorstand auf andere Art finanziell zufrieden stellt.

Offen bleibt, wie das kurzfristig rechtskonform gestaltet werden kann, zumal der bereits beschlossene KV-Haushalt für das laufende Jahr 2013 keine Sonderzahlungen oder Gehaltserhöhungen für den Vorstand vorsieht.

Steigen die Gehälter ab 2014?

Möglich wäre aber eine Gehaltserhöhung ab 2014. Das wurde auch bei der Gerichtsverhandlung implizit in einer Protokollnotiz deutlich gemacht.

"Die Vertreterversammlung der Klägerin hat über die Höhe der Dienstbezüge der Vorstandsmitglieder zu entscheiden. Bei der Festlegung der Dienstbezüge hat sie einen weiten Entscheidungsspielraum. Eine Orientierung an den Vergütungen der Vorstände anderer Kassenärztlicher Vereinigungen dürfte aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden sein", heißt es dort.

Deutlich war zuletzt aber auch, dass der KV-Vorstand nicht mehr den ungeteilten Rückhalt der mächtigen Fachärzte-Fraktion hat. So hat die VV dem Vorstand, trotz der Fachärzte-Mehrheit, keine Entlastung für den Jahresabschluss 2011 erteilt.

In diesem Jahr wurden die Übergangsgelder ausgezahlt. Die Beschlussfassung zum Jahresabschluss wurde erst verschoben, dann ausgesetzt.

Nicht ausgeschlossen sind zudem weitere Rücktritte aus den Reihen der Hausärzte in der Vertreterversammlung.

Bereits bei Bekanntwerden der Vorgänge vor einem Jahr haben einige Hausärzte ihre Ämter niedergelegt, darunter auch Verbandschef Dr. Wolfgang Kreischer.

Ziel war es, auf diese Weise die Vertreterversammlung handlungsunfähig zu machen und Neuwahlen zu erzwingen. Diese Strategie könnte nun fortgesetzt werden.

Die Vorgeschichte der Affäre

Anfang 2011 erhalten die drei Berliner KV-Vorstände Übergangsgelder in Höhe eines Jahresgehalts von je 183 000 Euro, obwohl sie ihre Ämter fortführen.

Im Mai 2011 genehmigt die Vertreterversammlung der KV Berlin die Auszahlung nachträglich.

Im Dezember 2011 kommen die Vorgänge an die Öffentlichkeit. Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) fordert kurz nach seinem Amtsantritt die Rückzahlung der Gelder. Die KV rechtfertigt ihr Vorgehen damit, dass die Summe in den Altverträgen vereinbart war.

Im Februar 2012 überweisen die KV-Vorstände auf massiven öffentlichen Druck hin das Geld auf ein Treuhandkonto.

Am 27. Februar 2012 verpflichtet Senator Czaja die KV per Aufsichtsbescheid zur Rückabwicklung der Auszahlung. Die KV klagt im März nach einem Beschluss der VV gegen den Bescheid.

Am 19. Dezember 2012 zieht die KV während der Gerichtsverhandlung ihre Klage zurück. (ami)

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