Ohne die FDP

Große Koalition gegen Chefarzt-Boni

Bonusgehälter für Chefärzte treiben einen Keil in die Regierungskoalition. Die Union will sie gerne verbieten, die FDP hält davon wenig. Jetzt bietet die Opposition der Union ihre Hilfe an.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Nicht alle Arbeitsverträge für Klinikärzte sind allgemeinwohlverträglich, finden Politiker.

Nicht alle Arbeitsverträge für Klinikärzte sind allgemeinwohlverträglich, finden Politiker.

© Gina Sanders / Fotolia.com

BERLIN. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, hat die Praxis der Krankenhäuser angegriffen, Chefärzte auch nach der Menge ihrer Operationen zu bezahlen.

"Dies ist höchst problematisch, da so auch oft Patienten behandelt werden, obwohl dies medizinisch nicht unbedingt notwendig ist", schreibt Spahn in einem Brief an alle Unions-Abgeordneten des Bundestages, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Spahn teilt seinen Kollegen weiter mit, dass "alle Versuche der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diesen Missstand gesetzlich zu unterbinden, bisher am Widerstand der FDP-Fraktion gescheitert sind."

Zuletzt war dies Ende November der Fall. Union und FDP konnten sich nicht darauf einigen, Kliniken gesetzlich dazu zu verpflichten, Bonuszahlungen an Operateure offen zu legen.

In der FDP-Fraktion bleibt man gelassen. "Wir sind uns einig, dass wir Transparenz über die Boni herstellen und die offensichtlichen Mengenausweitungen eindämmen müssen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Heinz Lanfermann der "Ärzte Zeitung".

Es handele sich aber bei Arbeitsverträgen um privatrechtliche Verträge. Die Koalitionsrunde am Montag habe sich mit dem Thema beschäftigt. "Wir sind nahe beieinander", sagte Lanfermann.

Mindestziel sei, eine gesetzliche Regelung zu erreichen, dass Krankenhausträger in den Qualitätsberichten der Kliniken über Chefarzt-Boni informierten.

Lauterbach: Boni abschaffen - eine gute Idee

Spahn reagiert mit seinem Brief auf die aktuellen Anstrengungen der Krankenhäuser, die Abgeordneten auf die chronische Unterfinanzierung bei den Investitionen aufmerksam zu machen.

Kliniken versuchten, diese Unterfinanzierung durch mehr Fälle auszugleichen und trieben entsprechende Bonusvereinbarungen in den Verträgen mit Chefärzten gezielt voran.

Das Thema "Chefarzt-Boni" werde viel zu hoch gehängt, sagte der Pressesprecher der Deutschen Kankenhausgesellschaft, Dr. Moritz Quiske, der "Ärzte Zeitung". Diese Vergütungen machten weniger als 20 Prozent des Gehaltes eines Chefarztes aus.

Das sei anders als bei niedergelassenen Ärzten, die nur über die Menge vergütet würden und keine Festgehälter bezögen. Dazu komme, dass die Politik die Krankenhäuser mit der Einführung der DRG in ein Mengensystem gezwungen habe.

Unterstützung im Vorgehen gegen die Boni erfährt Spahn aus der SPD-Fraktion. "Wir werden ein Gesprächsangebot unterbreiten", sagte Professor Karl Lauterbach am Montag der "Ärzte Zeitung".

Die Boni abzuschaffen sei keine schlechte Idee. Die Anreize für Operateure seien flächendeckend umgesetzt und hätten eine gefährliches Maß an Bedeutung gewonnen. Sie seien eine Belastung für die unter Mengendruck stehenden Ärzte und höhlten das Vertrauen in die Krankenhausversorgung aus.

Ansehensverluste für die Ärzteschaft befürchtet auch die Bundesärztekammer. Sie droht mit der Veröffentlichung unseriöser Passagen in Arbeitsverträgen. Vor einem Risiko unnötiger Operationen haben Deutschlands Chirurgen erst im Dezember gewarnt.

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