KBV-Pläne unter Beschuss

Hausärzte contra EBM-Reform

Aus einer heftigen Diskussion wird Ablehnung: Der Hausärzteverband ist mit den Plänen der KBV zur EBM-Reform nicht einverstanden. Auch aus den KVen kommt Widerstand. Der Konflikt ist programmiert.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:

BERLIN. Der Deutsche Hausärzteverband lehnt die Pläne der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Reform des Hausarzt-EBM ab.

Bei konstantem Budget werde mit einem neuen EBM "nur innerhalb des Topfes umverteilt", heißt es in einem aktuellen Rundbrief des Deutschen Hausärzteverbandes an seine Mitglieder. Dieser liegt der "Ärzte Zeitung" vor.

Zum Hintergrund: Die EBM-Reform für die Hausärzte soll bereits zum 1. Juli 2013 in Kraft treten. Geplant ist unter anderem, neue Leistungsziffern für Hausärzte einzuführen. Das bringt jedoch aus Sicht des Hausärzteverbandes lediglich "eine aufgeblähte Bürokratie ohne neues Geld".

Zudem würde die deutlich zu niedrige Honorierung hausärztlicher Leistungen mit der Reform über Jahre hinaus zementiert. Ähnlich lautet auch die Kritik, die aus der KV Baden-Württemberg kommt.

Ferner plant die KBV, künftig die Leistungen in ein typisches hausärztliches Leistungsspektrum - zum Beispiel Vorsorge, Früherkennung, Betreuung chronisch Kranker, Hausbesuche sowie Palliativmedizin - und in atypische Leistungen, etwa für diabetische Schwerpunkte oder HIV-Versorgung, aufzuteilen.

Diese Differenzierung zwischen "typischen" und "atypischen" Hausärzten könne in vielen Praxen die Kalkulation über den Haufen werfen, kritisierte der Hausärzteverband.

Die KBV ist mit ihren Vorschlägen schon in der Vergangenheit beim Hausärzteverband auf wenig Gegenliebe gestoßen. Jetzt ist aus der Kritik an der Reform eine breite Front der Ablehnung entstanden.

Furcht vor mehr Bürokratie

Die Diskussion um die Reform finde abgeschottet statt, so der Hausärzteverband und die KV Baden-Württemberg unisono. Der Verband werde nicht über Grundlagen, Daten und Strukturen der geplanten EBM-Reform umfassend informiert.

Dabei sehe ein Beschluss der KBV-Vertreterversammlung vor, die Berufsverbände einzubeziehen. Die KBV wollte sich inhaltlich dazu nicht äußern und verwies auf eine geplante Sitzung am 1. März, bei der die Reform des Hausarzt-EBM beschlossen werden sollte.

Doch es rumort. Mit einem Beschluss - "Die Vertreterversammlung (..) fordert ein unmittelbares Ende einer in keiner Weise mehr akzeptablen Politik einer ‚Weiterentwicklung des EBM hinter verschlossenen Türen‘" - machte die Südwest-KV jüngst die internen Differenzen öffentlich.

Im Kern besteht die Sorge der Vertreter in Baden-Württemberg, dass es durch die Reform im hausärztlichen Bereich deutlich mehr Bürokratie geben und die "bereits vor einem Jahr abgelehnten Codierrichtlinien durch die Hintertür erneut eingeführt werden."

Besonders ein Dorn im Auge ist hier die geplante Verknüpfung einer Chronikerpauschale mit der Dokumentation einer "willkürlich ausgewählten Gruppe von ICD-Diagnosen."

Ebenso besteht die Befürchtung, dass "die grotesk niedrige budgetierte Honorierung unserer hausärztlichen Leistungen erneut auf Jahre hinaus zementiert werden". Daher die Forderung: "Die EBM-Reform muss so erfolgen, dass schrittweise feste Preise eingeführt werden und die Kassen das Morbiditätsrisiko übernehmen."

Zeit für die Prüfung gefordert

Eine Umfrage der "Ärzte Zeitung" unter zehn KVen, die auf einer Sitzung der KBV zu Diskussionen geführt haben soll, lässt erkennen, dass noch viele Regionen Gesprächsbedarf sehen. Allein der Zeitplan -  die Reform soll zum 1. Juli 2013 in Kraft treten - wird von fast allen KVen als "sehr ambitioniert" bezeichnet.

Aus Sicht der KV Schleswig-Holstein ist das "aber politisch nachvollziehbar, um wenigstens versuchsweise Ärzten Klarheit zu verschaffen und die Kassen unter Druck zu setzen".

Bei der KV Sachsen ist klar: "Für den Facharztbereich ist die Umsetzung zum 1. Juli realistisch, für den Hausarztbereich wohl erst zum 4. Quartal", erklärt KV-Chef Dr. Klaus Heckemann.

Aber: "Es besteht durchaus die Gefahr, dass nicht genug Zeit für eine gründliche Prüfung der möglichen Auswirkungen bleibt", heißt es bei der KV Hessen. Hamburg und Brandenburg wollten sich nicht dazu äußern.

Die KV Niedersachsen ist der Meinung, "dass die EBM-Pläne objektiv nicht nachzuvollziehen sind". Andere KVen wollen derzeit keine Bewertung zum Stand der Diskussion abgeben. "Dazu bedürfe es einer höheren, auch kalkulatorischen Verbindlichkeit", erklärt die KV Schleswig-Holstein.

Die KV Mecklenburg-Vorpommern sieht gar die Pläne in Gefahr, würden sie nun öffentlich diskutiert werden "Die Grundlage erlaubt noch keine öffentliche Diskussion."

Ähnlich der offizielle Standpunkt der KV Bayerns: "Wichtig ist, dass der Versorgungsauftrag definiert wird und die Änderungen sauber durchgerechnet werden", sagte KVB-Vorsitzender Dr. Wolfgang Krombholz. Erst dann mache es Sinn, darüber zu diskutieren.

Es gibt auch KVen, die die Sorge über mehr Bürokratie nicht teilen, wie die KV Berlin oder Thüringen. So sagte die KV-Chefin Annette Rommel aus Thüringen: "Das sind nur ganz ganz wenige neue Leistungsziffern. Was wirklich dazu kommt, wird von der KV automatisch dazugesetzt."

Mitarbeit: cben, rbü,ami, di, sto, tt

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