Versorgung von Frühchen

GBA schraubt Anforderungen hoch

Babys, die nicht warten können, brauchen die bestmögliche Versorgung. Der GBA hat jetzt die Anforderungen daran neu formuliert - und macht die umstrittene Mindestmenge entbehrlich.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ein Frühchen, eine Pflegefachkraft: Der GBA dreht bei der Versorgung von Frühgeborener am Personalschlüssel.

Ein Frühchen, eine Pflegefachkraft: Der GBA dreht bei der Versorgung von Frühgeborener am Personalschlüssel.

© Klaus Rose

BERLIN. Bei der Versorgung von Frühchen setzt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) den Hebel bei der Struktur- und Prozessqualität an und stellt seine Mindestmengenregel ins zweite Glied.

Herzstück der am Donnerstag beschlossenen neuen Richtlinie für die Versorgung Früh- und Reifgeborener ist die differenzierte Zuweisung je nach zu erwartendem Risiko in eine von künftig vier Versorgungsstufen. Frühgeburten seien planbar, da sie sich zehn bis zwölf Stunden zuvor ankündigten, hieß es dazu im Ausschuss.

"Im Unterschied zur bisherigen Vereinbarung setzt die neue Richtlinie bei der risikoadaptierten Versorgung bereits vor der Geburt an," sagte die Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung Dr. Regina Klakow-Franck.

In Deutschland werden etwa 10.000 Kinder vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren und gelten als Frühchen. Vor der 37. Woche sind es mehr als 60.000. Die Frühgeborenenrate im Land liegt bei um die neun Prozent. Es gibt rund 320 Perinatalzentren.

Die Krankenhäuser müssen den Medizinischen Diensten der Krankenkassen nachweisen, dass sie die Anforderungen an ihre jeweilige Versorgungsstufe erfüllen.

"Gelegenheitsversorgung" ausschließen

Der GBA erhöhe die Anforderungen an die Strukturqualität, um Mindestmengen möglicherweise entbehrlich zu machen, sagte der unparteiische GBA-Vorsitzende, Josef Hecken im Anschluss an die Sitzung am Donnerstag. Zudem solle so die "Gelegenheitsversorgung" von Frühgeborenen ausgeschlossen werden.

Erst im Dezember hatte der Bundesgerichtshof den GBA dazu verpflichtet, die Mindestmenge für die Versorgung von Frühchen unter 1250 Gramm Geburtsgewicht von 30 auf 14 zu senken.

Der Personalschlüssel soll ab 2017 bei intensivtherapiepflichtigen Frühgeborenen auf eine Pflegekraft pro Frühchen gestellt werden.

Müssen Frühchen auf einer Intensivstation nur rund um die Uhr überwacht werden, soll ab 2017 eine Pflegekraft höchstens zwei Kinder betreuen. "Das ist eine Muss-Vorschrift," sagte Hecken.

In der Übergangzeit bis 2017 könnten die Kliniken von diesem Schlüssel abweichen, müssten dies aber gegenüber dem GBA begründen.

Ambitionierte Personalanforderungen

Die Patientenvertreterin Dr. Ilona Kösters-Steinebach verwies auf eine Studie des Robert-Koch-Instituts, laut der die heutige Personalrelation zwischen eins zu zwei und eins zu sechs schwanke.

Die Sepsisrate bewege sich zwischen vier und 26 Prozent. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Personalschlüssel und Sepsisrate bestehe nicht, hieß es im GBA.

Die Personalanforderungen seien ambitioniert, kommentierte Dr. Bernd Metzinger für die Deutsche Krankenhausgesellschaft den Beschluss.

Dieses Personal gebe es nicht auf dem Arbeitsmarkt und müsse zum Teil im Ausland angeworben werden. Aktuell könnten die Kliniken die neuen Personalschlüssel nicht umsetzen.

Die Richtlinie muss das Gesundheitsministerium noch prüfen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mindestmengen-Coup

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