Thüringen

Keine Sondervergütung für Praxisnetze

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Die Vertreterversammlung der KV Thüringen lehnt eine gesonderte Vergütung für Praxisnetze ab, sperrt sich aber nicht gegen logistische Hilfe.

Von Robert Büssow

WEIMAR. Die KV Thüringen (KVT) will die noch junge Welt der Praxisnetze durchaus fördern. Eine gesonderte Vergütung aus dem KV-Budget hat die Vertreterversammlung (VV) jedoch auf ihrer jüngsten Sitzung mit nur einer Gegenstimme eindeutig abgelehnt.

Damit haben die Vertreter auf eine noch ganz frische KBV-Vorgabe zur Anerkennung von Praxisnetzen, die erst seit Mai in Kraft ist, ablehnend reagiert. Die VV bleibt ihrer bisherigen Linie also treu, keine Vorwegabzüge für fach- und schwerpunktübergreifende Kooperationen bereitzustellen.

Die KV-Spitze sieht die Netzwerke derweil weniger kritisch. Im Rahmen der eigenen Möglichkeiten will sie nun Entwicklungshilfe leisten, erklärt KV-Vize Thomas Schröter.

KVen und Ärztenetze gehen in Thüringen im Gleichschritt. Die Vernetzung von Praxen kann uns bei der Lösung der Sicherstellungsaufgaben angesichts von Demografie und Ärztemangel weiter bringen und wird daher logistisch in jeder gewünschten Weise unterstützt."

Das Hilfsangebot umfasse beispielsweise die kostenlose Bereitstellung von Räumen oder rechtliche Beratung. "Auch bei Verträgen mit den Krankenkassen werden wir Support leisten", so Schröter. Nur mit Geld kann er eben nicht dienen, wie er Vertretern bei einem ersten Landestreffen der Praxisnetze vergangene Woche eröffnen musste.

Netz in Erfurt hat 200 Mitglieder

Sechs sind es derzeit an der Zahl - das älteste und mit über 200 Mitgliedern größte besteht seit 2006 in Erfurt. Ein zartes Pflänzchen also, das Schröter pflegen will. Weitere Netzwerke bestehen in Weimar, Jena, Eisenach sowie in der Rhön und der Region Sonneberg.

Die Vertreter hätten die finanzielle Absage "überraschend gelassen" aufgenommen. Sie hatten ohnehin nicht auf die KBV-Vorgabe gesetzt, die ihrer Meinung nach nur für solche Netze kreiert wurde, die selbst mit wettbewerbsfähigen Leistungen in den Selektivvertragsmarkt eintreten wollen.

"Das entspricht aber nicht der Intention der Netzgründer in Thüringen", erklärt Schröter. Hier gehe es vielmehr um kollegiale Kommunikation, organisatorische Zusammenarbeit, Diensttausch oder Sammeleinkäufe.

Dabei will es die KV Thüringen auch in Zukunft belassen. "Die Netze sind ohne Fördermittel von unten entstanden und wir haben nicht die Absicht, finanzielle Anreize für die Orientierung auf zentral vorgegebene Standards zu setzen", sagt der Weimarer Internist. Zumal die Hürden relativ hoch sind.

Die KBV verlangt unter anderem eine Geschäftsführung und die Gründung als juristische Person. Eine solche Institutionalisierung strebt in Thüringen - anders als in anderen Bundesländern - jedoch keiner an. Eine eigene Richtlinie nach KBV-Vorgabe müsse die KV trotzdem erlassen.

In Jena kooperieren 40 Ärzte

"Wir wissen aber schon jetzt, dass diese Richtlinie kein Netzwerk erfüllen kann und auch nicht erfüllen will. Wir machen diese Richtlinie, aber sie wird keine Auswirkungen auf die Versorgungslandschaft haben", sagt Schröter. Zumindest vorerst nicht.

Die Bereitschaft zur Vernetzung werde in Thüringen weiter zunehmen, ist der KV-Vize überzeugt. Der Laborarzt und Mikrobiologe Carsten Retzlaff vom Ärzte-Netz Jena bedauert die ablehnende Haltung der Vertreterversammlung: "Ich glaube nicht, dass dort umfassende Informationen vorliegen, was Praxisnetze in Thüringen leisten."

In Jena haben sich vor sechs Jahren 40 Fach- und Hausärzte zusammengeschlossen.

"Es ist in erster Linie eine Kommunikationsplattform. Etwa für die bessere Patientenführung unter den Praxen", erklärt Retzlaff. Er sehe darin die Zukunft der Versorgung.

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