Kritik von Sozialrechtlern

Wo bleibt der Kassenwettbewerb?

Die Pläne der Koalition könnten den Kassenwettbewerb ausbremsen, warnen Wissenschaftler. Sie fordern von den Kassen mehr Eigendynamik - und stellen sich gegen eine Pflicht zu Hausarztverträgen.

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Wettbewerb - auch für Kassen gut, sagen Sozialrechtler.

Wettbewerb - auch für Kassen gut, sagen Sozialrechtler.

© Stefan Schurr/Fotolia.com

BERLIN.Gegen eine Pflicht für die Kassen, Hausarztverträge abzuschließen, hat sich der Bonner Sozialrechtler Professor Gregor Thüsing ausgesprochen. Als Wettbewerbsinstrument sollte die hausarztzentrierte Versorgung nicht obligatorisch sein, kritisierte Thüsing die Pläne von Schwarz-Rot.

Im Koalitionsvertrag heißt es: "Die Krankenkassen bleiben gesetzlich verpflichtet, hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die hausarztzentrierte Versorgung wird weiterentwickelt und um geeignete Instrumente zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und zur Qualitätssicherung ergänzt."

Auch das von der Regierungskoalition geplante Recht auf eine Zweitmeinung vor geplanten Operationen sollten die Kassen nicht verpflichtend anbieten müssen, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sagte Thüsing. Damit würde der gesetzlichen Krankenversicherung ein Wettbewerbsfeld genommen.

"Ich hätte mir mehr Vertrauen in die Eigendynamik der Kassen gewünscht", kommentierte Thüsing die Agenda von Schwarz-Rot bei der Veranstaltung "Feigenblatt Selbstverwaltung?" der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) am Dienstag in Berlin.

In die gleiche Kerbe hieb Professor Ulrich Becker, Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik. Der Kassenwettbewerb drohe zum Stiefkind der Gesundheitspolitik zu werden.

Der Wettbewerb zwischen den Kassen weise gefährliche Fehlentwicklungen auf, sagte der alternierende Vorsitzende des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes Christian Zahn.

Die Kassen würden um junge, gesunde und gut verdienende Familien werben. Kassen mit vielen Rentnern hätten das Nachsehen. Dafür gebe es keine statistischen Belege, erhielt Zahn Kontra aus dem Publikum.

Bruno Wägner, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der SBK, bezeichnete die Abschaffung der Zusatzbeiträge als richtig. Im Kampf um die Vermeidung des Aufschlags auf den Kassenbeitrag seien Innovationen auf der Strecke geblieben. Stattdessen hätten die Kassen ihre Datensätze für Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds optimiert. (sun/af)

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