Kommentar

Sackgasse Sektionierung

Den Worten sollen Taten folgen: Die große Koalition will die Vertretungsrechte von Haus- und Fachärzten gesetzlich regeln - eine versorgungspolitische Sackgasse.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Ungewollt oder aber geschickt inszeniert hat Staatssekretär Karl-Josef Laumann eine Diskussion losgetreten, die längst beendet zu sein schien: das Thema Sektionierung.

Entsprechenden Bestrebungen hatten KBV und KVen Ende 2013 eine klare Absage erteilt - übrigens auch Professor Ferdinand Gerlach. Der Vorsitzende des Sachverständigenrates und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin engagiert sich seit langem für sektorübergreifende Versorgungsmodelle.

"Wir werden dafür sorgen, dass die hausärztlichen Angelegenheiten demnächst von Hausärzten allein entschieden werden und die fachärztlichen Angelegenheiten von Fachärzten", sagte Laumann beim "Tag der offenen Tür" des Deutschen Hausärzteverbandes vor wenigen Tagen in Köln. Er zitierte damit nahezu wörtlich den Koalitionsvertrag. Mit welchem Ziel?

Wenn von Seiten der Politik eine Sektionierung favorisiert wird, ist der Weg zu einer Haus- und Facharzt-KV nicht mehr weit. Das sollte dann offen ausgesprochen und die damit verbundenen Erwartungen benannt werden. Und wenn die Koalition die Rolle des Hausarztes wirklich stärken möchte, kann sie noch einen Schritt weitergehen und sich klar zu einem Primärarztsystem bekennen. Das wäre freilich nur im Rahmen einer Organisationsreform der Körperschaften möglich.

Aber kann so innerärztlicher Streit beigelegt werden? Löst man durch Abschottung und Sektionierung die Versorgungsprobleme von morgen? Es gibt sie doch bereits heute schon, die Gremien in den Körperschaften, die die Interessen der Fachgruppen vertreten. Ist das System nur deshalb schlecht, weil die damit verbundenen Erwartungen hüben wie drüben nicht in Erfüllung gehen? Sicherlich: Es ist den Verbänden ein Dorn im Auge, dass sie nicht überall an den entscheidenden Stellen in den Körperschaften ihre Verbandsvertreter in Stellung bringen können. Aber kann so Wettbewerb in einem Nebeneinander von Kollektiv- und Selektivvertrag funktionieren?

Der Koalitionsvertrag setzt mit der Förderung sektorübergreifender Modelle klare Zeichen. Das gilt ebenso für die Neuauflage von 73b- und 73c-Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung bis hin zur Spezialfachärztlichen ambulanten Versorgung.

In einer Gesellschaft, in der Komorbiditäten und die Zahl chronisch Kranker zunehmen, in der sich Therapien immer mehr an Behandlungspfaden ausrichten, wäre eine Sektionierung ein falsches Signal und eine versorgungspolitische Sackgasse.

Lesen Sie dazu auch: Versorgung: Laumann bricht Lanze für Hausärzte

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen