Terminvergabe

Patienten kommen mit Wartezeiten klar

Über 90 Prozent der Menschen waren beim letzten Praxisbesuch mit ihrem Arzt zufrieden. Eine Umfrage der KBV liefert neues Futter für die Wartezeitendebatte.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Leeres Wartezimmer: die Patienten haben ihre Termine erst in drei Wochen.

Leeres Wartezimmer: die Patienten haben ihre Termine erst in drei Wochen.

© Jürgen Fälchle / fotolia.com

BERLIN. Eine zentrale Terminvergabe treibt derzeit nicht allzu viele gesetzlich Versicherte um. Rund zwei Drittel haben von diesem Vorhaben der schwarz-roten Koalition noch nicht einmal gehört. Das geht aus Ergebnissen einer Versichertenbefragung durch die Forschungsgruppe Wahlen hervor, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Das Stimmungsbild zur Termingarantie binnen vier Wochen, die nach der Sommerpause Teil des geplanten Versorgungsgesetzes werden soll, ist nicht klar.

Zwar befinden wiederum zwei Drittel der Befragten, einmal mit den Plänen der Regierung konfrontiert, die Vermittlung von Facharztterminen für gut. Knapp 60 Prozent rechnen deswegen aber nicht mit einer Verkürzung der Wartezeiten auf Arzttermine.

Wichtig ist den Menschen aber, dass sie zum Facharzt ihres Vertrauens vermittelt werden, der ihre Anamnese kennt. Darauf hat Professorin Marie Luise Dierks verwiesen, die an der Medizinischen Hochschule Hannover begleitend eine qualitative Studie unternommen hat.

56 Prozent der Befragten haben laut Befragungsergebnisse im vergangenen Jahr höchstens drei Tage auf einen Termin warten müssen, 48 Prozent kamen sogar am gleichen Tag noch dran. Diese Werte haben sich in den ersten Monaten des Jahres 2014 verschlechtert. Nur noch 45 Prozent berichten von Terminen am gleichen Tag.

Der Anteil derer, die länger als drei Tage auf einen Arzttermin warten mussten ist von 32 auf 37 Prozent gestiegen. Allerdings relativieren die Befragten ihre Aussagen selbst: Mehr als vier Fünftel antworteten auf die Frage "Hat es Ihnen zu lange gedauert, bis Sie einen Termin bekommen haben?" mit nein.

Die Gründe für die Veränderungen scheinen erkannt. "Das Problem mit Wartezeiten auf Termine liegt eindeutig bei den Fachärzten", sagte Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen, die im Auftrag der KBV bereits zum siebten Mal die Versicherten befragt hat. Deutlich mehr als die Hälfte der Versicherten (58 Prozent) musste länger als drei Tage auf einen Termin beim Facharzt warten.

Ein Grund dafür könnte sein, dass nach wie vor 66 Prozent der Patienten ohne Überweisung den Facharzt aufsuchen. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen wollte das nicht kritisieren. Wer ein Problem mit den Augen habe, wisse, dass er zum Augenarzt müsse.

Die Zahl der Arztbesuche hat sich kaum verändert. 16 Prozent der gesetzlich Versicherten geht mehr als zehn Mal im Jahr zum Arzt, etwa die Hälfte der Befragten stellt sich zwischen drei- und zehnmal in der Praxis vor und rund ein Drittel braucht den Doktor nur ein- bis zweimal im Jahr.

Nur in gut der Hälfte der Arztbesuche waren akute Erkrankungen oder Verletzungen die Ursache. Fast die Hälfte werden von Menschen, die aufgrund von chronischen Erkrankungen häufiger zum Arzt müssen und von Menschen ausgelöst, die Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen nachfragen.

Die von der Koalition losgetretene Debatte um zu lange Wartezeiten auf Arzttermine geißelte Gassen als "populistisch". Die Diskussion um zentrale Terminvergabe stelle die freie Arztwahl infrage. Es gebe keine international vergleichbar kurzen Wartezeiten wie in Deutschland.

Die Reaktionen erfolgten prompt. Ihre Skepsis gegenüber dem Vorhaben der Bundesregierung, eine Terminvergabe innerhalb von vier Wochen vorzuschreiben, sollten die Ärztevertreter aufgeben, erklärte Barmer GEK-Chef Christoph Straub am Mittwoch.

Auch Patientenschützer meldeten sich zu Wort. Die KBV müsse Verantwortung für den Sicherstellungsauftrag übernehmen. Vor allem die 700.000 Bewohner von Pflegeheimen benötigten die Terminvergabe, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat angekündigt, dass die Termingarantie bereits 2015 in Kraft treten solle. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, sieht in der den geplanten Vorgaben zur Terminvergabe eine Möglichkeit, die vermutete Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe und damit die Forderungen aus der SPD und der Opposition nach Einführung einer Bürgerversicherung zu entschärfen.

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