Kliniken

Am Verbotsvorbehalt wird gerüttelt

Entlassmanagement, Zweitmeinung, frühe Nutzenbewertung von Medizinprodukten: Der Entwurf des Versorgungsgesetzes hat weitreichende Folgen auch für Kliniken.

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Arzt und Patientin sprechen künftig öfter auch über das Entlassmanagement.

Arzt und Patientin sprechen künftig öfter auch über das Entlassmanagement.

© Wendy Hope /Stockbyte

BERLIN. Den Kliniken stehen weit reichende Änderungen ins Haus. So plant der Gesetzgeber den bisher geltenden Grundsatz der "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" zu relativieren.

Das geht aus einem internen Arbeitsentwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes hervor, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Mit dem darin ebenfalls neu konzipierten Entlassmanagement sollen die Krankenhäuser ein Verordnungsrecht erhalten. Mit dem Rechtsanspruch auf eine zweite ärztliche Meinung wollen die Koalitionspolitiker die ihrer Ansicht nach überproportional wachsenden Operationszahlen.

Krankenhäuser und Hochschulambulanzen sollen zudem künftig verstärkt an der ambulanten Versorgung teilnehmen können.

Frühe Nutzenbewertung für Medizinprodukte

Für Medizinprodukte hoher Risikoklassen (IIb und III) und neue Methoden soll eine frühe Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) eingeführt werden.

Das sind Produkte, die in den Körper eingesetzt werden wie künstliche Gelenke und Herzschrittmacher. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll jeweils binnen drei Monaten auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse eine Aussage dazu treffen, ob ein Produkt oder eine Methode eher nutzt oder eher schadet.

Krankenhäuser, die eine neue Methode mit einem Medizinprodukt anwenden wollen, sollen sich verpflichten müssen, an Erprobungen durch den GBA teilzunehmen.

Der Grundsatz "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" soll aber beibehalten werden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Kliniken sollen Patienten Medikamente mitgeben

Der Gesetzgeber plant eine Lücke in der sektorenübergreifenden Versorgung zu schließen. So sollen Krankenhäuser Patienten vor der Entlassung kleine Packungsgrößen von Medikamenten sowie häusliche Krankenpflege für sieben Tage und Hilfsmittel verordnen dürfen.

Damit soll vermieden werden, dass Patienten, die zum Beispiel vor dem Wochenende entlassen werden, nicht aus der Versorgungskette fallen.

Krankenhäuser sollen die Aufgaben des Entlassmanagements auch auf Vertragsärzte übertragen können. Die Krankenkassen sind in die Organisation einer lückenlosen Anschlussbehandlung ebenfalls eingebunden.

Anspruch auf Zweitmeinung

Die Diskussion um den "Operationsweltmeister Deutschland" hat den Gesetzgeber tätig werden lassen. Patienten sollen bei "mengenanfälligen Eingriffen" einen Anspruch auf eine zweite Meinung erhalten.

Welche Operationen mengenanfällig sind, soll der GBA bestimmen.

Im GBA ist man über die Vorgabe nicht uneingeschränkt glücklich. Zunächst müssten die Fehlanreize in den DRG ausgeräumt werden, heißt es dort.

Ein Beispiel: Wenn ein Eingriff am Rücken besser honoriert werde als die konservative Behandlung, tauge die Zweitmeinung wenig, um die Zahl der Eingriffe zu beeinflussen.

Ambulante Versorgung wird für Kliniken teilweise geöffnet

Die drohende Unterversorgung mit ambulanter Medizin in strukturschwachen Gebieten hat den Gesetzgeber ebenfalls reagieren lassen.

Hier sollen die Krankenhäuser und Hochschulambulanzen erweiterte Möglichkeiten erhalten, an der ambulanten Versorgung teilzunehmen. Die Zulassungsausschüsse sollen Krankenhäuser dazu zuzulassen müssen, sobald sie einen Bedarf feststellen. (af)

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