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Mehr Teamarbeit, weniger Behandlungsfehler

Damit Ärzte und Pflegekräfte besser zusammenarbeiten, müssen Themen wie Patientensicherheit und Teamarbeit in den Ausbildungen integriert sein, fordern Experten. Für neue Versorgungskonzepte brauche es neue Denkweisen.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:

BERLIN. Etwa 30 Prozent aller Behandlungsfehler sind auf schlechtes Teamwork zurückzuführen. Das betonte Professorin Tanja Manser von Uniklinikum Bonn beim Nationalen Qualitätskongress vergangene Woche in Berlin.

Die Direktorin des Instituts für Patientensicherheit bemängelte, dass die Ausbildungen in Medizin nach wie vor in "disziplinären Silos" organisiert seien. Künftig sei es nötig, vermehrt in Versorgungsteams zu lehren. "Eine gute Zusammenarbeit ist ein Puffer gegen Stress und erhöht den Schutz vor Fehlern", sagte Manser.

Auch das Thema Patientensicherheit kommt ihrer Ansicht nach in der medizinischen Aus- und Weiterbildung zu kurz: "Es reicht nicht, wenn dies als ,Add-on‘ angeboten wird. Patientensicherheit muss integriert im Pflichtcurricula gelehrt und auch geprüft werden."

Zuständigkeiten in der Grauzone

Thomas Meißner, Mitglied im Deutschen Pflegerat und selbst Betreiber eines ambulanten Pflegedienstes, verwies darauf, wie schwierig es sei, eine dauerhafte medizinische Versorgung für Wohngemeinschaften von Pflegebedürftigen zu organisieren. Dies habe mehrere Gründe: Da die Wohngemeinschaften zu den ambulanten Versorgungsformen zählen, verschwimmen zuweilen die Zuständigkeiten in einer Grauzone.

Beispielsweise sei unklar, ob nur der Pflegebedürftige selbst oder auch der betreuende Pflegedienst den Arzt auswählen und verständigen darf. "Schließlich hat der Patient die freie Arztwahl und oftmals muss der Pflegedienst hier moderieren", sagte Meißner. Zudem sei die Organisation und Abrechnung kompliziert.

Hinter nahezu jeder Leistung in der ambulanten Pflege stehe ein anderer Kostenträger. Ärgerlich sei zudem, dass die Kassen etwa jede dritte ärztliche Verordnung anzweifeln. Sein Fazit: "Die Zusammenarbeit in der häuslichen Krankenpflege ist eingeschränkt durch ein starres, bürokratisches System."

Für eine verbesserte Zusammenarbeit in der Praxis braucht es also neue Konzepte. Sabine Hochstadt von der AOK Nordost stellte eines davon vor. "Care plus" ist als Vertrag zur Integrierten Versorgung (IV) ausgestaltet und schafft den Rahmen dafür, dass ein Hausarzt die kontinuierliche medizinische Betreuung einer Pflegeeinrichtung übernimmt.

Stationäre Aufnahmen vermeiden

Der niedergelassene Mediziner ist einmal in der Woche zu einer Visite in der Pflegeeinrichtung und darüber hinaus im Rahmen der Rufbereitschaft auch außerhalb der Sprechzeiten erreichbar. "Ziel ist es, stationäre Aufnahmen zu vermeiden", sagte Hochstadt. Auswertungen von Vorläufer-Modellen belegten, dass sich die Klinikeinweisungen dadurch innerhalb von fünf Jahren um etwa 13 Prozent senken lassen.

Im IV-Vertrag vorgesehen sei auch, so Hochstadt, eine Koordinierungspauschale für das Pflegeheim und auch ein Extrabudget für die teilnehmenden Ärzte. "Wir sorgen somit als Krankenversicherung dafür, dass Strukturen der Zusammenarbeit aufgebaut und vergütet werden können", sagte Hochstadt.

Hedwig François-Kettner vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) plädierte dafür, endlich die digitale Vernetzung im Gesundheitswesen voranzubringen. Sie verwies auf ein aktuelles APS-Positionspapier, das in einem moderierten Dialog mit Patienten, Experten, Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen entstanden sei.

Die Teilnehmenden fordern darin gemeinsam, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) endlich umfassend einzusetzen und für weitere Funktionalitäten freizugeben. Schließlich lassen sich auf der Karte Notfalldaten sowie aktuelle Befunde und Medikation speichern. "Das berührt zentrale Aspekte von Patientensicherheit. Unsere Workshop zeigte, dass die Patienten dies längst wollen", sagte François-Kettner.

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