Unimedizin Magdeburg

Der Patient braucht eine Geldinfusion

Es bleibt bei zwei Medizinfakultäten im Land, hat Sachsen-Anhalts Landtag beschlossen. Doch deren prekäre Finanzlage ist ungelöst - Beispiel Magdeburg.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Im Mai 2013 demonstrierten 5000 Menschen gegen die diskutierte Schließung der Medizinfakultät in Halle.

Im Mai 2013 demonstrierten 5000 Menschen gegen die diskutierte Schließung der Medizinfakultät in Halle.

© Hendrik Schmidt / dpa

MAGDEBURG. Im rund 2,2 Millionen Einwohner zählenden Sachsen-Anhalt wird es auch künftig zwei medizinische Fakultäten geben. Doch wie sie über die Runden kommen, steht in den Sternen.

Als Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) im Oktober am Uniklinikum Halle eine Geburtstagstorte aus Anlass des 40. Jahrestages der dortigen Krankenversorgung anschnitt, bekräftigte er, worum Tausende Ärzte, Studierende, Pflegende und auch Einwohner der Saalestadt gekämpft hatten: "Der Landtag hat beschlossen, dass es weiterhin zwei universitäre Standorte in Sachsen-Anhalt gibt. Daran gibt es nichts zu rütteln."

Mit den zwei neuen Gebäuden, die zeitgleich eingeweiht worden und mit zwölf Millionen Euro von EU und Land finanziert worden waren, kann nun die komplette somatische Medizin und deren klinische Forschung an einem Standort erfolgen.

809.000 statt 6,8 Millionen Euro

Auch am Uniklinikum Magdeburg steht mit dem Neubau für die Kliniken Kardiologie sowie Herz- und Thoraxchirurgie, einschließlich Hybrid-OP-Saal, eine vom Land geförderte Großinvestition an.

"Aber das war's auch", sagt Professor Hermann-Josef Rothkötter, Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Magdeburg. Dr. Jan Hülsemann, Ärztlicher Direktor, macht klar, was das heißt: "Bis 2012 haben wir vom Land jährlich einen Investitionszuschuss in Höhe von 6,8 Millionen Euro erhalten. Heute sind es noch 809.000 Euro."

Damit könne nicht einmal der notwendige Ersatz an Medizintechnik finanziert werden, ganz zu schweigen von Innovationen für neue Verfahren. "Klar ist doch", so Rothkötter, "alles, was wir nicht anbieten, wird über kurz oder lang jemand anders tun."

Dass die beiden Unikliniken mit ihren Sorgen - und Roten Zahlen - nicht allein da stehen, zeigt der bundesweite Blick. Nur fünf von 33 Kliniken rechnen laut dem Verband der Universitätsklinika mit einem positiven Ergebnis in diesem Jahr. In Magdeburg wird der Verlust auf sechs Millionen Euro für 2014 und auf zehn Millionen Euro 2015 beziffert.

 "Die Kosten steigen schneller als die Erträge", sagt die Kaufmännische Direktorin Veronika Rätzel. Hauptproblem der universitären Medizin sei, dass vieles gar nicht oder zu gering vergütet werde.

Versorgungspauschale von nur 51 Euro

Dazu gehörten die Facharztausbildung ebenso wie die Hochschulambulanzen. Vorrangig initiiert für Forschung und Lehre, würden die Ambulanzen zunehmend Teil der normalen ambulanten Versorgung.

Hülsemann: "Egal, wie oft und wie intensiv, wie aufwändig ein Patient diagnostiziert und therapiert werden muss, pro Quartal und Person erhalten wir eine Versorgungspauschale von 51 Euro." In anderen Bundesländern liege die Vergütung bei über 100 Euro.

Hinzu käme die budgetäre Beschneidung durch die KV Sachsen-Anhalt (KVSA) auf 30.000 Fälle pro Jahr. "Wir behandeln aktuell mehr als doppelt so viele Patienten - und das ohne Vergütung. Hier muss etwas getan werden."

In den Jahren zuvor lag die Zahl der ambulant behandelten Patienten noch bei knapp 100.000. "Aufgrund der Finanzierungsprobleme hat unser Aufsichtsrat auf einer Reduzierung bestanden", so Rothkötter.

Doch angesichts der Anforderungen und spezifischen Ausrichtungen der einzelnen Unikliniken sei das kaum durchsetzbar. Zudem hagelte es harsche Kritik seitens der KVSA.

Zu den von der Landespolitik angeregten Zusammenlegungen einzelner Bereiche der Universitätsmedizin Magdeburg und Halle verwies Rothkötter auf bereits bestehende Kooperationen und Arbeitsteilungen, unter anderem bei Transplantationen von Nieren und Leber.

 Dies sei aber auch aus Gründen der Entfernung nicht zu generalisieren, so der Dekan der Fakultät: "Krankenversorgung ist immer regional. Geben wir hier etwas auf, heißt das nicht, dass die Patienten nach Halle gehen und umgekehrt. Soll die Universitätsmedizin nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken, muss etwas passieren."

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