Niedersachsen

Verwirrte Menschen ohne Hilfe?

Bereitschaftsdienste in Niedersachsen haben keine spezielle Facharzt-Unterstützung mehr. Das hat Folgen für Psychiatriepatienten.

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HANNOVER. Die KV Niedersachsen (KVN) hat auf Beschluss der Vertreterversammlung (VV) die fachärztlichen Hintergrunddienste der Bereitschaftsdienste im Land zum Jahresbeginn 2015 eingestellt. In Hannover führt der Schritt zu Problemen bei Zwangseinweisungen von Psychiatriepatienten.

Betroffen von der Änderung sind die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Gynäkologie und Geburtshilfe, Chirurgie und Orthopädie und der psychiatrische Hintergrunddienst. Die augenärztlichen und kinderärztlichen Hintergrunddienste dagegen sollen aufrecht erhalten werden.

Die Ärzte der Hintergrunddienste stehen für den ärztlichen Bereitschaftsdienst zur Verfügung, wenn diese spezielle Notfälle nicht selber behandeln wollen. "Die Dienste werden aber einfach zu selten in Anspruch genommen", begründet Detlef Haffke, Sprecher der KVN, die Auflösung. "Außerdem wollen wir im ganzen Land eine einheitliche Lösung, um unsere Mitglieder nicht ungleichmäßig zu belasten."

Tatsächlich seien die fraglichen Hintergrundgrunddienste vor allem in den Ballungsräumen eingerichtet gewesen, erklärt Dr. Bernhard Specker, Geschäftsführer der KVN-Bezirksstelle Hannover. Nun gibt es sie nirgendwo mehr.

Probleme entstehen nach der Streichung offenbar, weil der psychiatrische Hintergrunddienst Hannover auch wegfällt und die Ärzte des Bereitschaftsdienstes nun aus Unsicherheit mehr psychiatrische Patienten einweisen dürften.

Es geht besonders um verwirrte Menschen, die nachts von der Polizei aufgegriffen werden. Tagsüber werden diese Patienten vom psychiatrischen Krisendienst der städtischen Gesundheitsämter versorgt und im Zweifel eingewiesen. Aber wenn die Gesundheitsämter geschlossen waren, hat bisher der psychiatrische Hintergrunddienst der KVN Versorgung und Einweisung übernommen.

Nun war auch dies keine glatte Lösung, die Einweisung durch den Hintergrunddienst eine Good-will-Aktion. Denn der Dienst war nicht zuständig, sagt Haffke, "die Zwangseinweisung ist Sache der Stadt und keine Kassenleistung." Aber die eigentlich zuständigen Gesundheitsämter waren geschlossen. Wer sonst hätte einspringen sollen?

Nachdem nun der Hintergrunddienst abgeschafft ist, muss der Bereitschaftsdienst selber ran. Das sind zumeist Hausärzte und die werden, so wird spekuliert, eher einweisen als psychiatrische Fachkollegen es taten. Nach KVN-Angaben handelt es sich um drei bis vier Patienten pro Woche.

Um unnötige Einweisungen zu verhindern, wollen KV und Kommune die Sache erneut diskutieren. Haffke: "Warum steht der psychiatrische Krisendienst der Stadt nicht auch wie ein Hintergrunddienst nachts zur Verfügung?" (cben)

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