Digitale Kommunikation

Strategien gegen die Sektorentrennung

Die oft schleppende Kommunikation der verschiedenen Professionen im Gesundheitswesen wirksam verbessern - ein ehrgeiziges Ziel und zugleich Thema einer Diskussion beim Pflegekongress in Dresden.

Von Tobias Meyer Veröffentlicht:

DRESDEN. Das geplante E-Health-Gesetz stößt bei Vertretern der Physiotherapeuten und der Pflegeberufe überwiegend auf Zustimmung.

Das Gesetz könne ein wichtiger Schritt sein, die digitale Kommunikation der verschiedenen Professionen im Gesundheitswesen voranzubringen.

Allerdings beschränke man sich im Gesetzentwurf darauf, nur niedergelassenen Ärzten und Kliniken einen Zugriff auf die Telematikstruktur einzuräumen, kritisierte die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten, Ute Repschläger, bei einer Podiumsdiskussion beim Interprofessionellen Gesundheitskongress in Dresden.

Für eine optimale Patientenversorgung sei es aber "zwingend erforderlich", dass Physiotherapeuten und andere Gesundheitsberufe wie Pflegekräfte ebenfalls in die Telematikstruktur eingebunden seien.

"Sie müssen umfassende Zugriffsrechte auf ärztliche Daten der elektronischen Gesundheitskarte erhalten, also die Patientenakte einsehen können", betonte Repschläger.

"Mehr Kompetenz für Pflegeberufe!"

Ähnlich äußerte sich Sebastian Thieswald vom Verband der Leitungskräfte von Alten- und Behinderteneinrichtungen. Auch professionell Pflegende sollten einen eigenständigen Zugang zur Telematik haben. Andernfalls müssten sie wichtige Informationen zur Vorbehandlung beim Patienten erfragen, was die Pflege erheblich erschwere.

Dies gelte vor allem mit Blick auf hochbetagte, multimorbide oder an Demenz erkrankte Patienten.

Gerade deren Zahl steige aber immer weiter. Der Pflegeberuf sei zudem mit mehr Kompetenzen auszustatten. Pflegekräfte könnten deutlich mehr, als sie dürften. "Damit verschwenden wir wertvolle Ressourcen, die wir für die interprofessionelle Zusammenarbeit dringend benötigen."

Dass es um diese Zusammenarbeit nicht eben zum Besten steht, offenbarten diverse Patientenbefragungen, erläuterte Joachim Kugler, Professor für Gesundheitswissenschaften und Public Health an der Technischen Universität Dresden.

Seit 2006 habe sein Team mehr als 200 000 Patienten in sächsischen Krankenhäusern befragt. Positiv bewertet worden sei unter anderem die Freundlichkeit der Pflegekräfte wie der Klinikärzte. "Hauptkritikpunkt war das Entlassungsmanagement."

Viele Patienten hätten sich zu spät oder unzureichend informiert gefühlt.

Entlassmanagement im Fokus

Friedrich R. München, stellvertretender Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen, sieht dafür vor allem die DRG-bedingten kurzen Verweildauern der Patienten in den Kliniken als Ursache.

Oft fehle schlichtweg die Zeit für ein geordnetes Entlassmanagement. Erschwerend komme hinzu, dass das hiesige Gesundheitswesen unter einer starren Trennung der Sektoren leide. "Hier müssen wir ran."

Der Vertragsarzt müsse dem Krankenhaus alle für die stationäre Behandlung bedeutsamen Unterlagen hinsichtlich Anamnese, Diagnostik und Mediaktion zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen wiederum seien in der Pflicht, bereits während der Krankenhausbehandlung Anträge auf Reha- und Pflegemaßnahmen zu bearbeiten und abzuschließen. "Ziel muss eine bruchfreie Versorgung des Patienten sein."

Für die Kassen verwies Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Sachsen, darauf, dass die Kliniken zum Entlassmanagement seit Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes im Jahr 2012 ausdrücklich verpflichtet seien.

Eine erste Bilanz falle gemischt aus: "Vieles klappt und ist sogar verbindlich und gut organisiert. Aber es existieren auch viele berechtigte Beschwerden Niedergelassener, Reha-Einrichtungen und ambulanter Pflegedienste." Es sei aber falsch, den Kopf in den Sand zu stecken.

Wie Loose appellierte auch die frühere Gesundheitsweise Professor Dr. Giesela Fischer an Ärzte, Pflegekräfte und andere Gesundheitsberufe, interprofessionelle Kommunikation und Koordination gemeinsam zu lernen. In kleineren Zirkeln auf regionaler Ebene ließen sich Defizite besprechen und Lösungen erarbeiten, sagte Fischer.

Zu den Problemen gehöre etwa, dass Patienten häufig ohne klare ärztliche Veranlassung mehrere Fachärzte und Krankenhausambulanzen aufsuchten. "Hierüber besteht jedoch häufig keine Mitteilung an den jeweils weiter behandelnden Arzt einschließlich des Hausarztes", so Fischer.

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