Asylpaket II

BÄK kritisiert Gesetz zur vereinfachten Abschiebung

Ein neues Gesetzespaket soll Abschiebungen von Asylbewerbern künftig erleichtern. Nur noch schwerwiegende Krankheiten können diese verhindern, und auch für Atteste gelten strengere Regeln.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
"Abgeschoben" sagt der Stempel auf diesem serbischen Pass eines abgelehnten Asylbewerbers.

"Abgeschoben" sagt der Stempel auf diesem serbischen Pass eines abgelehnten Asylbewerbers.

© Sebastian Willnow/dpa

NEU-ISENBURG. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Asylpaket II auf den Weg gebracht. Es soll Asylverfahren und Abschiebungen beschleunigen.

Grundsätzlich wird dazu die gesundheitliche Reisetauglichkeit eines abzuschiebenden Asylsuchenden vermutet - nur "lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden", können künftig einer Abschiebung im Weg stehen.

Dass eine solche schwerwiegende Erkrankung etwa im Fall einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) jedoch nicht angenommen werden könne, kritisiert die Bundesärztekammer (BÄK) deutlich.

Es müsse sichergestellt werden, dass auch psychische Krankheiten eine Abschiebung verhindern können, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme zum Gesetzentwurf.

"Inhuman und lebensgefährdend"

Flüchtlinge trotz vorliegender PTBS abzuschieben, sei "inhuman und lebensgefährdend", kritisierte bereits im November die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Damals hatten sich die Parteichefs von CDU, CSU und SPD auf die Eckpunkte des Asylpakets II verständigt.

"Die Annahme, dass PTBS keine erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben darstellen, ist fachlich falsch", erinnert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. 40 Prozent der an PTBS erkrankten Flüchtlinge hatten laut Munz bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben versucht, sich zu töten.

"Angesichts der Tatsache, dass sich immer wieder Menschen in Abschiebungshaft das Leben nehmen, weil die Situation für sie psychisch belastend ist, ist es perfide, wie hier mit dem Leben gespielt wird", kritisiert die Organisation Pro Asyl.

Eine Erkrankung, die gegen eine Abschiebung spricht, muss "durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft" gemacht werden. Dieses Attest soll die Umstände der Beurteilung, die Methode der Tatsachenerhebung, die Diagnose, den Schweregrad der Erkrankung sowie mögliche Folgen enthalten.

Vielfach scheiterten Rückführungsversuche bisher daran, dass medizinische Gründe genannt, diese jedoch nicht nachvollzogen werden können, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetz.

Die BÄK sieht das kritisch: Ohne Sprachverständigung werde es regelhaft nicht möglich sein, ein Attest nach diesen Kriterien zu erstellen.

Darüber hinaus sei es essenziell, dass Ärzte auch im beschleunigten Verfahren ausreichend Zeit haben, Flüchtlinge auf körperliche und seelische Krankheiten zu untersuchen.

Der Deutsche Ärztetag hatte im Mai vergangenen Jahres daran erinnert, für medizinische Gutachten im Zusammenhang mit Flüchtlingen lediglich Ärzte und Psychotherapeuten einzusetzen, die über eine entsprechende Qualifikation - etwa das Curriculum "Standards zur Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren" - verfügen.

Dafür müssten auch die Ressourcen des ÖGD gestärkt werden, so die BÄK.

Versorgung im Herkunftsland

Der Gesetzentwurf stellt auch klar, dass eine nicht-gleichwertige medizinische Versorgung im Zielstaat kein Abschiede-Hindernis ist.

"Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist", heißt es.

Die BÄK sieht dies kritisch: "In der Herkunftsregion, wo das Trauma gesetzt wurde, wird es kaum die Voraussetzungen für eine erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung geben", heißt es in der aktuellen Stellungnahme.

Laut BÄK muss diese Einschränkung jedoch insofern präzisiert werden, dass "das Erlangen der Versorgung im konkreten Einzelfall realistisch möglich sein muss".

Laut Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) soll das Asylpaket II noch im Februar im Bundestag verabschiedet werden.

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