Kodierrichtlinien

Große Koalition will scharf gegen "Upcoding" vorgehen

SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach kündigt die Einführung einer Kodierrichtlinie an. Auf der Kippe sieht er dagegen das Pflegeberufegesetz. Die SPD stehe geeint hinter diesem Vorhaben, aber aus der Union kämen erhebliche Einwände.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Große Koalition will scharf gegen 'Upcoding' vorgehen

© Maurizio Gambarini/dpa

BERLIN. Die große Koalition will gegen das "upcoding" von Diagnosen im ambulanten Bereich vorgehen und eine Kodierrichtlinie einzuführen. Das hat der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Professor Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin angekündigt. Beratungsstrukturverträge zwischen Kassen und Ärzten wolle die Regierung verbieten, kündigte Lauterbach an. Kodierberatung solle es nicht mehr geben.

Auslöser der Aktivitäten ist eine Äußerung von TK-Chef Dr. Jens Baas. Ärzte würden durch Prämien dazu gebracht, so zu diagnostizieren, dass es sich für die Kassen auszahle, hatte Baas im November in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt. Von diesem System profitierten vor allem die regional geöffneten Kassen.

Lauterbach äußerte sich auch zum Selbstverwaltungsstärkungsgesetz (SVSG). Dieses Gesetz beseitige zwei "Krebsübel" der Selbstverwaltung. Zum einen würden die vor allem bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Kassenärztlichen Vereinigungen festgestellten Missstände angegangen. Zum anderen würden Blockaden aufgehoben, die Selbstverwaltung insgesamt gängiger gemacht. Die SPD-Fraktion stehe hinter diesem Gesetz, sagte Lauterbach. Das Gesetz ist in derzeit in der parlamentarischen Beratung.

Eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze mit dem Masterplan Medizinstudium 2020 mahnte Lauterbach an. Es sei unverständlich, warum die Länder eine Aufstockung der Studienkapazitäten nicht mittragen würden, sagte der Gesundheitspolitiker.

Auch die vorgesehenen freiwilligen Landarztquoten von zehn Prozent seien kein großer Wurf, sagte Lauterbach. Es bleibe völlig unklar, wie viele Länder dabei mitmachten. Das Fehlen von Landärzten bedinge das Aussterben dörflicher Gemeinschaften mit. Wenn keine Mediziner mehr vor Ort seien, wandere auch andere Infrastruktur ab wie die der Apotheken. Das sei politisch nicht banal und stärke das Aufkommen von Kräften wie zum Beispiel der Alternative für Deutschland.

Klar zu begrüßen am Masterplan sei dagegen die stärkere Integration von einfachen Fällen, die in der Praxis vorkämen, in der Ausbildung. Hausärzte nähmen die zentrale Schlüsselstellung im Gesundheitssystem ein. Die Spezialisierung komme erst später ins Feld.

Das Pflegeberufegesetz, mit dem eine generalistische Ausbildung in den drei Pflegeberufen installiert werden soll, steht auf der Kippe. Es werde intensiv verhandelt, berichtete Lauterbach. Dabei handele es sich um eines der wichtigsten Gesetze der Koalition überhaupt. Die Zahl der Fachkräfte habe sich in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr erhöht.

Der Bedarf an Pflegekräften werde massiv steigen. Scheitere das Gesetz, werde es für viele Jahre einen Stillstand bei der Pflegeausbildung geben. "Dann wird der Notstand spürbar", sagte Lauterbach.

Während die SPD-Fraktion nach Aussage Lauterbachs komplett hinter dem Gesetzentwurf steht, gibt es in der Unionsfraktion Kritiker. Es herrscht dort die Sorge vor, dass mit höheren Ansprüchen an die Ausbildung von Altenpflegern ganze Gruppen von Schulabgängern ausgeschlossen werden könnten, zum Beispiel die Hauptschüler.

Die Sozialdemokraten zeigen sich auch mit dem geplanten Verbot von Versandhandelsapotheken nicht einverstanden. "Ich bin überrascht, wie schnell der Minister dem Lobbydruck nachgegeben hat", sagte Lauterbach. Das geplante Verbot passe nicht in die Zeit. Seine Fraktion werde "zeitnah" Gegenvorschläge vorlegen. Dabei müsse auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass es kein Apothekensterben gebe. Die persönliche Aufklärung durch den Apotheker habe einen hohen Wert.

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