Drogenersatztherapie

Lücken in Sicht

In Norden drohen Lücken bei der Substitutionstherapie. Jetzt suchen die beteiligten Ärzte das Gespräch mit anderen Professionen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

KIEL. Vor Versorgungslücken haben substituierende Ärzte und Apotheker bei der Substitutionstherapie im Norden gewarnt. Vor allem das hohe Durchschnittsalter der Ärzte bereitet Probleme. Nun setzen sie auf regelmäßige interprofessionelle Treffen.

"Ich habe den Schritt nie bereut", sagt der ärztliche Leiter des Kieler Suchthilfezentrums, Hans-Georg Hoffmann, über seine Entscheidung für eine Tätigkeit in der Substitutionstherapie. Hoffmann verweist auf veränderte Anforderungen in der Versorgung – so ist das Durchschnittsalter der Patienten deutlich gestiegen.

Auch konzentriert sich die Behandlung zunehmend auf die Landeshauptstadt: Ein Großteil der insgesamt 3198 Substitutionspatienten in Schleswig-Holstein wird in Kiel behandelt, sodass die Zahl der Patienten für Ärzte und Apotheker dort relativ hoch, für ihre Kollegen in der Fläche dagegen meist sehr gering ist.

Auch Hoffmanns Kollege Dr. Jochen Brack aus der Ambulanz Süderelberaum Hamburg arbeitet gerne in diesem Bereich und wünscht sich mehr jüngere Kollegen. Beeinflussen könnten dies nach Meinung der beiden Ärzte Gesundheitspolitiker mit attraktiveren Rahmenbedingungen, die sie auf einer Veranstaltung in Kiel skizzierten.

Brack sprach von massiven Eingriffen in die Behandlungs- und Therapiefreiheit des Arztes. Er sieht auch "bürokratische Hindernisse wie bei keinem anderen Erkrankungsbild".

Widersprechende Richtlinien

Als Beispiele nannte er sich zum Teil widersprechende Anforderungen in Richtlinien und Vorschriften von Qualitätskommissionen, aber auch Regressandrohungen bei der Verordnung. "Dies führt zu einem Rückzug der Ärzte aus der Behandlung von Drogenkranken", so Brack.

Engpässe in der Versorgung sieht er in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Als Beispiel führte er einen Patienten in seinem Hamburger Zentrum an, der aus Braunschweig kommt.

Neben Bürokratieabbau wünschen sich die Ärzte, "realistische Therapieziele", statt am Abstinenzparadigma festzuhalten, eine bessere ambulante Versorgung im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie sowie eine schnelle Reform der Betäubungsmittel-Verschreibungs-Verordnung.

Als Vorbild für eine bessere Vergütung nannte Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer der Apothekerverbände in Schleswig-Holstein und Hamburg, ein Modell aus Baden-Württemberg.

Außer Ärzten und Apothekern waren bei der von der Industrie organisierten Veranstaltung in Kiel auch Vertreter von Krankenkassen, aus Politik und Ministerien dabei. Positiv wurde im Teilnehmerkreis die Anregung Friedrichs auf regelmäßige Treffen mit Beteiligten aus unterschiedlichen Bereichen aufgenommen.

Thomas Haeger von der AOK Nordwest wünscht sich auch Vertreter von Kommunen in der Runde, die nach seiner Auffassung mit in die Verantwortung genommen werden sollten.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

Lesetipps
Experten fordern von Bund und Ländern verbindliche Vorgaben für die Kooperation von Rettungsleitstellen (Bild) und ärztlichem Bereitschaftsdienst.

© Heiko Rebsch / dpa / picture alliance

Reform des Rettungsdienstes

Bereitschaftsdienst und Rettungsleitstellen sollen eng aneinanderrücken

Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung steht in vielen Ländern vor großen Herausforderungen. Ein Arzt aus Israel fordert deshalb mehr Zusammenarbeit.

© Vladislav / stock.adobe.com

Weiterentwicklung der Versorgung

Experte: Bei der Transformation international die Kräfte bündeln!

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen