KV Saarland

Vertreter fordern künftig mehr Beinfreiheit für Ärzte

Anlässlich der Landtagswahl am 26. März fordert die saarländische KV-Vertreterversammlung mehr praktische Unterstützung der Politik beim Kampf gegen Versorgungslücken.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN. Knapp zwei Monate vor der Landtagswahl im Saarland haben die Kassenärzte jetzt ihre Forderungen an die Politik formuliert. Der Tenor: Weniger Papierkrieg, mehr Möglichkeiten für praktische Lösungen vor Ort und bei neuen Ideen fürs Gesundheitswesen ruhig vorher mal die Ärzte fragen.

Das Thesenpapier, das die Vertreterversammlung am vergangenen Mittwoch einmütig verabschiedete, umfasst mehr als ein Dutzend Forderungen. Die Kassenärzte an der Saar wollen mehr Handlungsfreiheit und Macht für die Regionen bei gesundheitspolitischen Entscheidungen.

Warum noch Qualitätssicherung?

Der saarländische KV-Vorsitzende Dr. Gunter Hauptmann machte deutlich, was das konkret bedeutet: "Wenn wir wissen, dass ein Kollege die letzten 30 Jahre gut gearbeitet hat, können wir ihm die Qualitätssicherungsmaßnahmen die letzten Jahre vor der Rente nicht ersparen?" Seine Hoffnung: Dann hängt der Vertragsarzt vielleicht auch noch ein, zwei Jahre dran, um Versorgungslücken in seiner Gemeinde zu schließen.

Ähnliches bei den Weiterbildungs-Assistenten: Ist die KV davon überzeugt, dass der Nachwuchs schon fit genug ist, sollen die Assistenten mehr als bisher erlaubt auch selbstständig arbeiten dürfen. "Hier wünschen wir uns mehr regionalen Handlungsspielraum", sagte KV-Chef Hauptmann.

Eine weitere Forderung der Saar-Kassenärzte: die Koordinierung externer Überprüfungen. Bisher hätten es die Niedergelassenen mit diversen Ämtern vom Gesundheitsamt, über das Gewerbeamt bis zum Umweltschutz zu tun. "Da muss es doch reichen, wenn einer die Begehung macht", forderte Hauptmann. Sein Vorschlag: Da die KV ihren Mitgliedern ohnehin Begehungen anbietet, könnte sie bei einem "Okay" anschließend auch Zertifikate vergeben. "Damit", so Hauptmann, "ließen sich alle anderen Überprüfungen überflüssig machen".

Mehr Unterstützung von der Politik wünschen sich die Ärzte nach wie vor beim Kampf gegen den drohenden Ärztemangel. "Wir werden in den nächsten Jahren eine Aufhörwelle erleben", sagte der saarländische KV-Chef voraus. Er wünscht sich in jeder Gemeinde als Ansprechpartner für die Ärzte einen "Gesundheitsbeauftragten". Und um zu zeigen, wie die aktuelle Lage aussieht, will die KV künftig jedes Jahr einen Versorgungsbericht veröffentlichen.

Dabei sehen die Kassenärzte, dass die Politik das Problem durchaus schon erkannt hat. Ein "gutes Signal" sei zum Beispiel die Ankündigung der Landesregierung, die Gründung von Arztpraxen auf dem Lande mit jeweils 10 000 Euro zu unterstützen. Gar nichts hält KV-Chef Hauptmann dagegen von der Forderung der saarländischen Grünen, bei der Verteilung der KV-Zulassungen künftig auch die Kommunen mitentscheiden zu lassen., "Ich lehne das völlig ab", erklärte er. "Zulassungen dürfen nicht nach politischen Erwägungen vergeben werden", forderte der KV-Chef. "Sonst haben wir bald die gleichen Probleme wie die Krankenhäuser". In ihrem Thesenpapier greifen die Ärzte auch Vorliebe von Politikern und Kassen für Modellprojekte auf. Dies sollte nicht ohne "vertragsärztlichen Sachverstand" geschehen.

Als Beispiel nannte Hauptmann den Vorstoß der Saar-Regierung für Blanko-Verordnungen für Physiotherapeuten, der es s bis in den Bundesrat geschafft hat. "Da sind wir nicht mit dabei", erläuterte der KV-Chef: "Wer haftet zum Beispiel, wenn es bei der Behandlung ein medizinisches Problem gibt?"

Schutz vor Regress

Mehr Schutz wünschen sich die Kassenärzte auch vor Regress-Androhungen. Der Völklinger Gastroenterologe Dr. Thomas Stolz berichtete bei der VV von Fällen, bei denen die Verordnungskosten mittlerweile bei über 100 000 Euro, die ärztlichen Honorare aber bei unter 100 Euro lägen. "100 000 Euro riskieren bei so wenig Gewinn – das würde in der freien Wirtschaft niemand tun", erklärte Stolz. Sein Wunsch: Mehr Schutz vor der Regress-Haftung. Ansonsten, so seine Befürchtung, werde es "mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Abkehr von den Leitlinien kommen – aus purer Existenzangst".

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