Erstversorgung

Triage-Praxis am Klinikum soll Notaufnahme entlasten

Ein Modell, das Schule machen könnte: In Braunschweig starten KV und Klinikum zusätzlich zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst eine mit Hausärzten besetzte Notfall-Triage-Praxis.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Auf dem Weg zur neuen Triage-Praxis: KVN-Vertreter Dr. Thorsten Kleinschmidt (v.l.) und Stefan Hofmann sowie Dr. Andreas Goepfert (Geschäftsführer), Dr. Christoph Haedicke und Dr. Thomas Bartkiewicz vom Klinikum Braunschweig. cben

Auf dem Weg zur neuen Triage-Praxis: KVN-Vertreter Dr. Thorsten Kleinschmidt (v.l.) und Stefan Hofmann sowie Dr. Andreas Goepfert (Geschäftsführer), Dr. Christoph Haedicke und Dr. Thomas Bartkiewicz vom Klinikum Braunschweig. cben

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BRAUNSCHWEIG. Die KV Niedersachsen (KVN) und das Klinikum Braunschweig wollen die ambulante Versorgung leichter erkrankter Patienten an der zentralen Notfaufnahme des Klinikums mithilfe eines dreijährigen Modellprojektes verbessern: mit der Notfall-Triage-Praxis (NTP). Ab 1. April sollen diese Patienten hier auch dann hausärztlich erstversorgt werden können, wenn der Bereitschaftsdienst der KV am Klinikum nicht besetzt ist. Der Kniff: In der NTP werden dann zwei Allgemeinmediziner arbeiten, die beim Klinikum angestellt sind, deren Leistungen aber über den EBM vergütet werden.

"Wir brauchen dringend kreative Modelle um das Überlaufen der Zentralen Notaufnahme zu verhindern", begründete Dr. Thomas Bartkiewicz, Ärztlicher Direktor des Klinikums, das Projekt. Mit dem Modell wird der seit 2015 am Klinikum vorhandene Bereitschaftsdienst der KV quasi um wochentäglich zusätzliche drei Stunden ergänzt.

"Seit 2015 die Bereitschaftsdienstpraxis der KV eingerichtet wurde, haben sich die ambulanten Notfälle in der Notfaufnahme um 20 Prozent verringert", sagte Dr. Thorsten Kleinschmidt, Vorsitzender der KVN-Bezirksstelle Braunschweig. "Die Bereitschaftsdienstpraxis hat die Notaufnahme also spürbar entlastet, aber die Praxis hat eben nicht immer geöffnet."

Die nun einzurichtende Notfall-Triage-Praxis soll diesem Umstand Rechnung tragen und auch tagsüber zu den Stoßzeiten Patienten mit Kopfschmerzen oder Schürfwunden versorgen können, also solche Patienten, die nicht in die Notaufnahme gehören. Längere Öffnungszeiten verkneift man sich am Klinikum.

Schließlich wolle man eine "Sogwirkung" weg von den Praxen der Niedergelassenen in der Stadt verhindern, wie Kleinschmidt betonte. Auch würden die NTP-Ärzte keine Folgetermine vergeben. "Am Ende stehe bei Bedarf die Überweisung zum Haus- beziehungsweise Facharzt", hieß es. Das Honorar für ihre Leistungen komme im Übrigen aus dem Vorwegabzug der KV – also aus dem Topf der Niedergelassenen.

Wie bisher, wird eine speziell ausgebildete Pflegekraft alle Patienten zunächst triagieren, die sich wegen einer ambulanten Behandlung ans Klinikum wenden und sie entweder an die Notaufnahme oder die NTP, beziehungsweise die Bereitschaftsdienstpraxis verweisen. "Wir haben mehr als 20 Pflegekräfte entsprechend ausgebildet", sagte der Leiter der Notfallambulanz, Dr. Christoph Haedicke.

Offenbar war der Schritt in Braunschweig dringend nötig, denn in den vergangenen Jahren wuchs die Zahl der Patienten, die als ambulante Patienten ins Klinikum kamen, um mehr als 1000 pro Jahr, erklärte Bartkiewicz. Im Jahr 2016 machte dies ein Wachstum von 11 Prozent aus. Schließlich waren es im letzten Jahr rund 32.000 Patienten, von ihnen mussten nur 21.000 stationär versorgt werden. Der Rest von 11.000 Fällen wurde von den Ärzten in der Bereitschaftsdienstpraxis am Klinikum versorgt oder, wenn die Praxis geschlossen hatte, eben von den Ärzten der Notaufnahme. Und das kostet.

Das Klinikum verspricht sich von der Konstruktion denn auch erhebliche Einsparungen. "Die gegenwärtige Versorgung in der Notaufnahme kostet jährlich mehrere Millionen Euro", so Bartkiewicz. "Allein die Vorhaltekosten in der Notfallambulanz betragen pro Fall mehr als 100 Euro." Das Geld, das das Klinikum für die beiden Hausärzte ausgibt, dürfte damit deutlich unter dem Betrag liegen, den es aufbringen müsste, wenn es die leichter Erkrankten ambulanten Patienten weiter in der Notaufnahme versorgen müsste, so die Rechnung.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein erster Schritt

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