Chirurgie

Kammern und Fachgesellschaften im Clinch

Ist der Facharzt für Allgemeinchirurgie noch zeitgemäß? Darüber ist ein heftiger Streit entbrannt.

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KÖLN. Auf dem Deutschen Ärztetag in der kommenden Woche steht eine Auseinandersetzung über Generalistik und Spezialistentum in der Chirurgie an. Die Ständige Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" der Bundesärztekammer hat sich für die Beibehaltung der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinchirurgie ausgesprochen, die Gemeinsame Weiterbildungskommission der wissenschaftlichen chirurgischen Fachgesellschaften und chirurgischer Berufsverbände fordert dagegen die Abschaffung.

Die klinische Realität zeige "einen deutlichen Trend zur Spezialisierung und Zentrenbildung, besonders auch im Gebiet Chirurgie", heißt es in einem Schreiben der Kommission an alle Kammerpräsidenten. Es gehe um "die Sicherung eines politisch geforderten hohen Qualitätsstandards in der chirurgischen Behandlung". Nur noch 14 Prozent der deutschen Krankenhäuser hätten gemeinsame Abteilungen für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Orthopädie und Unfallchirurgie. Dagegen seien getrennte Kliniken die Regel.

Das Fazit der Kommissionsmitglieder: "Die Festschreibung eines real nicht mehr existierenden ‚Pseudo-Generalisten‘ stellt für die Zukunft eine mehr als rückwärtsgewandte Entwicklung dar." Schuld daran ist ihrer Meinung nach vor allem die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL).

Ihr Präsident Dr. Theodor Windhorst – selbst Chirurg – hat sich seinerseits an die Spitzen der Kammern und KVen gewandt. Nicht nur die ÄKWL, sondern die Mehrheit der Ärztekammern sei für den Erhalt der modifizierten Facharztqualifikation zum Allgemeinchirurgen, betont er.

Ohne diese Ärzte lasse sich die Versorgung durch grundversorgende Krankenhäuser und niedergelassene Chirurgen nicht sicherstellen, sagte Windhorst der "Ärzte Zeitung". "Wir brauchen den Generalisten, verlieren uns aber in Spezialitäten." Natürlich benötigten Patienten mit komplizierten viszeralchirurgischen Erkrankungen oder komplizierten Frakturen die spezialisierte Versorgung. "Aber es gibt auch einfache Fälle, die in Kliniken und Praxen wohnortnah und ohne Qualitätseinbußen von Allgemeinchirurgen versorgt werden können."

Um die breite Versorgung aufrechterhalten zu können, bräuchten die chirurgischen Abteilungen mindestens zwei Unfallchirurgen und zwei Viszeralchirurgen. In Westfalen-Lippe sei das bei 31,5 Prozent der Kliniken nicht der Fall. Windhorst warnt vor Bestrebungen, die Chirurgie zu einem reinen Klinikfach zu machen und aus der ambulanten Versorgung zu holen: "Das wäre die falsche Entwicklung." (iss)

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