HINTERGRUND

Das Herz des Weltärztinnenbundes schlägt mitten im Ruhrgebiet

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Heute beginnt in Tokio der 26. Kongreß des Weltärztinnenbundes, der Medical Women’s International Association (MWIA). 500 Ärztinnen aus der ganzen Welt kommen dort bis zum 2. August zusammen, um über frauenbezogene Gesundheitsthemen zu diskutieren.

Das Motto lautet: "Medicine in a new life-style". Zu den wissenschaftlichen Themen des Kongresses gehören "Diabetes - Unterschiede bei Männern und Frauen", "Rheumatische Arthritis - eine Frauenkrankheit?" oder "Neues zu Demenzerkrankungen".

Einsatz für Menschenrechte eines der wichtigsten Themen

In Tokio wird die Dortmunder Allgemeinmedizinerin Dr. Waltraud Diekhaus zum dritten Mal zur Generalsekretärin der MWIA gewählt, die 63jährige hat keine Gegenkandidatin. Seit Diekhaus 1998 das Amt antrat, ist sie unterwegs, um die Situation und die gesundheitliche Versorgung von Frauen zu verbessern. "Hier kann sich keiner vorstellen, was Frauen überall auf der Welt passiert", sagt Diekhaus.

"Die Menschenrechte gelten in vielen Ländern der Welt für die Frauen noch nicht." Sie verweist auf die andauernde Praxis der Beschneidung von Mädchen in mehreren afrikanischen Ländern, die Steinigung von Frauen in Nigeria oder Witwenverbrennungen in Indien. Die MWIA sieht es als ihre Aufgabe, auf solche Skandale aufmerksam zu machen und Ärztinnen zu unterstützen, die sich vor Ort für eine bessere Lage der Frauen einsetzen.

Bei ihrer inhaltlichen Arbeit konzentrieren sich die Ärztinnen in der MWIA jeweils auf Schwerpunktthemen. Dazu zählen beispielsweise das Gender Mainstreaming - also die bewußte Wahrnehmung sozialer Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen - , die Sexualität von Heranwachsenden oder die Übertragung von HIV von Müttern auf ihre Kinder. Zu den ersten beiden Themen hat die MWIA Handbücher herausgegeben, die sie ins Internet gestellt hat.

Ergänzung zum Weltärztebund - aber keine Konkurrenz

Der Weltärztinnenbund will die Vernetzung von Ärztinnen und ihr Fortkommen in Beruf und Wissenschaft vorantreiben. Eine Konkurrenz zum Weltärztebund sei die MWIA nicht, betont Diekhaus, sondern eine Ergänzung. "Frauen brauchen ein Netz für sich, um sich gegenseitig zu stärken." Das Generalsekretariat in Dortmund ist das Herz der MWIA. "Hier wird die eigentliche Politik gemacht", berichtet Diekhaus. Täglich korrespondiert sie mit den Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation, pflegt den Kontakt mit den Ärztinnenverbänden weltweit.

Gerade waren 32 Ärztinnen aus China zu Besuch in Dortmund. Der chinesische Verband möchte Mitglied in der MWIA werden. Das ist kein leichtes Unterfangen, denn die taiwanesische Chinese Medical Women’s Association Taiwan - bereits seit 1959 dabei - wäre über den Schritt nicht glücklich.

Zudem kann pro Land nur ein Verband Mitglied in der MWIA werden. "Ich habe den Chinesinnen den Vorschlag gemacht, als Chinese Medical Women’s Association Mainland zu uns zu kommen", sagt Diekhaus. Zunächst muß die MWIA aber die Satzung des chinesischen Verbands prüfen. Mitglied kann ein Verband nur werden, wenn seine Satzung garantiert, daß jede approbierte Ärztin ungeachtet ihrer Rasse, Religion oder politischen Überzeugung Mitglied werden kann.

Diekhaus hätte die chinesischen Ärztinnen gern mit im Boot. Immerhin handelt es sich um etwa 150 000 Mitglieder und damit Beitragszahlerinnen für den Weltärztinnenbund. Pro Mitglied erhält die MWIA acht Schweizer Franken - zumindest theoretisch. Denn nicht alle nationalen Verbände können sich den bescheidenen Beitrag leisten.

"Wir sind im Verhältnis zu dem, was wir alles tun, einfach arm", sagt Diekhaus. Sie selbst arbeitet ehrenamtlich, ihr Büro bestreitet sie mit zwei Halbtagskräften. "Sie nehmen sich wie ich selbst auch die Arbeit mit nach Hause." Diekhaus hofft, daß sie bis zum nächsten Weltkongreß eine Nachfolgerin für den Posten als Generalsekretärin aufgebaut hat. Zu Ende geht ihr Engagement in der MWIA damit aber nicht. "Ich werde wahrscheinlich als Vizepräsidentin für Europa kandidieren." Dann will sich Diekhaus vor allem für die Belange von Frauen in den osteuropäischen Ländern einsetzen.

Weitere Infos zum Weltärztinnenbund finden sie unter: www.mwia.net



STICHWORT

Weltärztinnenbund

Die Medical Women’s International Association (MWIA) wurde 1919 in New York gegründet. Der Organisation gehören 47 nationale Ärztinnenverbände an, darunter der Deutsche Ärztinnenbund, und Einzelmitglieder aus 76 Ländern. Theoretisch müssen die Verbände pro Mitglied und Jahr acht Schweizer Franken an die MWIA abführen, doch das können sich nicht alle Verbände leisten. Insgesamt hat die MWIA 13 000 zahlende Mitglieder. Alle drei Jahre organisiert der Verband einen internationalen Kongreß. (iss)

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