Angst vor Ebola

Arzt: "Weglaufen wäre das falsche Signal"

Die Ebola-Epidemie wütet seit Monaten in Westafrika und schürt weltweit Angst. Einige Hilfsorganisationen, die keine Ebola-Patienten betreuen, haben ihr Personal aus den Epidemie-Gebieten abgezogen. Dr. Pieter de Koning erklärt, warum er gerade jetzt als Arzt für die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in Liberia bleibt.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Will bleiben: Dr. Pieter de Koning von der DAHW-Klinik in Ganta, Liberia, bei der Betreuung eines Lepra-Patienten.

Will bleiben: Dr. Pieter de Koning von der DAHW-Klinik in Ganta, Liberia, bei der Betreuung eines Lepra-Patienten.

© DAHW

Ärzte Zeitung: Liberia gehört zu den Ländern, die am stärksten von Ebola betroffen sind. Viele ausländische Gesundheits- und Hilfseinrichtungen wurden bereits geschlossen. Warum sind Sie noch vor Ort?

Dr. Pieter de Koning: Ich habe 2012 einen Dreijahresvertrag unterschrieben, um in einem Fachkrankenhaus für Lepra- und Tuberkulose-Patienten in Ganta zu arbeiten. Mein Vertrag läuft Ende des Jahres aus.

Ich habe das Gefühl, es ist meine Pflicht, für meine Patienten und mein Team hier zu sein, gerade jetzt, während des Ebola-Ausbruchs. Wegzulaufen wäre das falsche Signal und würde wahrscheinlich noch mehr Angst und vielleicht auch Panik verursachen.

Wir haben eine beträchtliche Zahl hilfsbedürftiger und schwerbehinderter Lepra-Patienten, die vollkommen auf unsere Betreuung angewiesen sind.

Ärzte Zeitung: Wie wirkt sich Ebola auf ihre tägliche Arbeit aus?

Dr. Pieter de Koning: Unsere Arbeit geht weiter wie gewohnt, obwohl innerhalb des Teams große Angst herrscht. Ich gebe mein Bestes, um alle zu beruhigen und zu verhindern, dass Panik ausbricht.

Bis jetzt hatten wir noch keine Ebola-Fälle. Wir sind als Spezialklinik nicht die erste Anlaufstelle für Patienten mit potenziellen Ebola-Symptomen.

Ärzte Zeitung: Wie schützen Sie sich und Ihr Team vor Ebola?

Dr. Pieter de Koning: Wir nehmen die Infektionsschutzmaßnahmen sehr ernst und vermeiden direkten Kontakt mit Patienten ohne Schutzhandschuhe - selbst bei den Patienten, die wir bereits länger in der Klinik betreuen.

Jeder, der das Krankenhaus betritt, muss sich zudem vorab die Hände mit einer Chlorlösung desinfizieren. Neue Patienten werden rigoros auf Ebola-Anzeichen und -Symptome gescreent.

Ärzte Zeitung: In den Medien ist immer wieder zu hören, dass die Menschen vor Ort das Vertrauen in medizinisches Personal aus dem Ausland verloren haben. Wie gehen Sie damit um? Und wie versuchen Sie, die Menschen vor Ort einzubeziehen?

Dr. Pieter de Koning: Ich kann hier nur für mich selbst sprechen, persönlich habe ich niemanden getroffen, der mir misstraut - ganz im Gegenteil. Ich bin aber schon seit drei Jahren hier und jeder hier kennt mich.

Und ich laufe auch nicht in einem Raumanzug herum, der mich wie ein Alien aussehen lässt. Dass Ärzte und Schwestern unangekündigt in diesen Anzügen Dörfer betreten haben, hat viele Ängste und Gerüchte geschürt.

Meiner Meinung nach wurde das am Anfang der Epidemie nicht gut durchdacht. Man hätte vorab die dörflichen Gemeinschaften mehr sensibilisieren und informieren müssen.

Ärzte Zeitung: Wie sieht die wirtschaftliche Situation in Ihrer Klinik derzeit aus?

Dr. Pieter de Koning: Im Augenblick fehlt es nicht an Vorräten und finanziellen Mitteln - zu großen Teilen dank zweier nicht staatlicher Lepra-Organisationen: der DAHW aus Deutschland und der ALM aus den USA.

Ärzte Zeitung: Und wie sieht es mit adäquater medizinischer Ausrüstung gegen Ebola-Fälle aus?

Dr. Pieter de Koning: Wir hoffen, zehn Schutzanzüge samt zugehöriger Ausrüstung von der DAHW in den nächsten zwei Wochen zu erhalten. Ebenso wie ein Training, wie man die Ausrüstung richtig nutzt.

Das wird eine große Hilfe sein, falls wir einen Ebola-Patienten bekommen und ihn nicht umgehend in ein Behandlungszentrum verlegen können.

Wir haben nur für den Fall einen Wartebereich eingerichtet. Die Anzüge werden uns enorm dabei helfen, potenzielle Ebola-Patienten unterstützend zu behandeln, ohne dabei unser Leben zu gefährden.

Ärzte Zeitung: Haben Sie selbst Angst, sich anzustecken? Und was würden Sie und Ihr Team dann tun?

Dr. Pieter de Koning: Ja natürlich habe ich Angst. Aber die Angst hilft mir auch, permanent wachsam zu sein und mich streng an die Sicherheitsmaßnahmen zu halten.

Würde es dennoch passieren, würde ich mich sofort isolieren und mich dann selbst bei der nationalen Taskforce melden und auf die Aufnahme in einem der beiden Behandlungszentren warten.

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