Ebola-Krise

"Es gab Versäumnisse von allen Seiten"

Mehr als 10.000 Menschen sind bislang Opfer von Ebola geworden. Der Umgang mit der Krise hat nach Ansicht von "Ärzte ohne Grenzen" massive Grenzen aufgezeigt und bisherige Versäumnisse vieler Akteure offen gelegt.

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BERLIN. Bei der Bewältigung der Ebola-Krise gab es nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen - Médicines sans Frontieres (MSF) Versäumnisse von allen Seiten, unterstrich MSF-Präsident Dr. Tankred Stöbe auf der Frühjahrskonferenz der NGO in Berlin.

Insbesondere habe es viel zu lange gedauert, bis die internationale Staatengemeinschaft sich konzertiert eingeschaltet habe, ergänzte Meinie Nicolai, Präsidentin von MSF Belgien.

Erst im Spätsommer 2014 - also fast ein Dreivierteljahr nach Ausbruch der ersten Fälle - gab die Weltgesundheitsorganisation einen so genannten Ebola Response Roadmap heraus.

Obwohl MSF in der Vergangenheit bereits zahlreiche Erfahrungen mit Ebola-Ausbrüchen gesammelt hat, sei der Umgang mit der aktuellen Krise weitaus schwieriger.

So hat es Stöbe zufolge bis Ende 2014 gedauert, bis die volle Mitarbeiterkapazität von MSF in den drei westafrikanischen Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea zum Einsatz kommen konnte.

Nur "Verwaltung des Sterbens" möglich

Insbesondere schwierig war, die begrenzten Kapazitäten von MSF auf die drei Länder zu verteilen. Viele Mitarbeiter mussten im Vorfeld ausführlich geschult werden.

Einmal vor Ort war kaum jemand emotional in der Lage, länger als vier Wochen in einem der Behandlungszentren im Einsatz zu sein.

"Die Verwaltung des Sterbens war oft das Einzige, was uns vor Ort blieb", sagte Stöbe, der selbst diesen Januar in einem Behandlungszentrum in Sierra Leone mitgeholfen hat.

Seit dem Einsatz von Ärzte ohne Grenzen in den betroffenen Ländern sind 14 Mitarbeiter der NGO gestorben, 28 haben sich infiziert.

Verheerend ist nach Ansicht von Dr. Moses Massaquoi, Koordinator der liberianischen Ebola-Task-Force, auch der ökonomische Schaden durch die Ebola-Krise für sein Land. Das nationale Defizit sei noch einmal massiv gestiegen.

Hauptgrund für den Totalzusammenbruch Liberias ist Massaquoi zufolge dessen ohnehin fragiles Gesundheitssystem. Dieses sei in keinster Weise auf eine Epidemie wie Ebola vorbereitet gewesen.

Es fehle an Gesundheitszentren, Kliniken und Krankenhäusern. Immerhin habe die Regierung erste Lehren aus der Katastrophe gezogen: Geplant ist, in den Bau neuer Gesundheitseinrichtungen zu investieren.

Außerdem will die Regierung mehr Menschen den Zugang zum Gesundheitssystem ermöglichen. Darüber wurde die Position eines Vizeministers für die Bewältigung von Notständen im Gesundheitsministerium geschaffen.

Wirklich wichtig ist nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen mehr Forschung und Entwicklung für vernachlässige Krankheiten. "Ohne Impfstoffe und Medikamente ist Ebola längst nicht zu Ende", unterstrich Präsident Stöbe. (mam)

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