Frankreich
Ärzte empört über Zweitmeinung für 295 Euro
Ein neues Internetportal in Frankreich wirbt mit schneller Zweitmeinung. Die Ärztekammer ist ungehalten.
Veröffentlicht:PARIS. In Frankreich haben viele Patienten Schwierigkeiten, nach einer ersten Diagnose rasch eine Zweitmeinung durch einen anderen Arzt zu bekommen - vor allem deshalb, weil Fachärzte häufig wenig Zeit haben, solche Leistungen anzubieten.
Seit Kurzem bietet ein Internetportal solche Zweitmeinungen an - zum Preis von 295 Euro. Viele Ärzte sowie die nationale Ärztekammer (Conseil national de l'ordre des médecins) halten diese Gebühr für übertrieben.
Seit Ende vergangenen Jahres bietet das Online-Portal www.deuxiemeavis.fr Ärzten und Patienten die Möglichkeit, binnen 48 Stunden eine Zweitmeinung zu erhalten, insbesondere bei schweren Erkrankungen.
Dazu soll der Patient sämtliche medizinische Unterlagen an das Portal schicken, die dann von einem Facharzt geprüft und beurteilt werden, heißt es. Der Zweitmeinungs-Arzt erhält laut Portal 120 Euro, der Rest wandert in die Taschen der Betreiber.
Rein kommerzieller Anbieter
Nach dem Start des Portals haben sich viele Ärzte über die Preise des Portals empört - nicht zuletzt, weil die verlangten Gebühren zehn mal höher seien als der Preis für eine einfache Konsultation.
Nach Angaben der Ärztekammer beachten die Portalbetreiber zwar alle gesetzlichen Vorgaben der Telemedizin, es handele sich jedoch um einen rein kommerziellen Anbieter.
Die Kammer warnte - in Anlehnung an das US-Unternehmen Uber, das per App Mitfahrgelegenheiten vermittelt - vor einer "Ubérisation" der Gesundheitsversorgung.
Als Konsequenz kündigte sie an, Regelungen für telemedizinische Leistungen neu und strenger zu fassen. Man werde zeitnah Regelungsvorschläge vorlegen.
Unklar ist, wie lange das Zweitmeinungs-Portal am Markt bestehen kann. Obwohl sich bereits hunderte von Interessenten beim Anbieter gemeldet haben, sind bisher weniger als zehn Zweitmeinungen abgegeben worden. Um rentabel zu arbeiten, müssten pro Jahr 10 000 Zweitmeinungen erstellt werden, hieß es beim Betreiber. (DDB)