Zurückgezogene Egomanen?

Teufelskreis der Einsamkeit

Einsamkeit macht egozentrisch – und Egozentrik verstärkt die Einsamkeit, so eine US-Langzeitstudie. Dadurch kann eine gefährliche Spirale entstehen.

Von Andrea Barthélémy Veröffentlicht:
Ein Teufelskreis: Einsamkeit und Selbstbezogenheit verstärken sich laut einer Studie gegenseitig.

Ein Teufelskreis: Einsamkeit und Selbstbezogenheit verstärken sich laut einer Studie gegenseitig.

© bluedesign / Fotolia

CHICAGO. Einsame Menschen neigen einer neuen US-Studie zufolge dazu, zunehmend um sich selbst zu kreisen. Ausgeprägte Selbstbezogenheit wiederum verstärkt demnach auf Dauer die Einsamkeit. Das schreiben der Psychologe John Cacioppo von der Universität Chicago und Kollegen im Fachmagazin "Personality and Social Psychology Bulletin".

Einsamkeit kann sinnvoll sein

Kurzfristig sei Einsamkeit evolutionär durchaus sinnvoll, denn sie bringe einen dazu, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und motiviere, soziale Kontakte zu pflegen, erklären die Forscher in ihrer Publikation. Langfristig aber sei sie sowohl für die körperliche als auch die mentale Gesundheit schädlich.

Für die Studie sichteten die Forscher Daten einer umfassenden Gesundheitsuntersuchung, bei der von 2002 bis 2013 rund 230 Amerikaner zwischen 50 und 68 Jahren jährlich befragt wurden.

Dabei kam heraus, dass einsame Teilnehmer nach einem Jahr mehr Selbstbezogenheit zeigten. Gleichzeitig waren egozentrische Probanden nach einem Jahr einsamer, wenn auch in schwächerer Ausprägung.

Nicht jeder Single ist einsam!

Cacioppo betont, dass jemand, der alleine lebt, nicht zwingend einsam sein muss. Wichtig sei echte gegenseitige Ansprache, nicht lediglich Alltags-Unterstützung oder etwas Gesellschaft. Viele Singles liebten ihre Ungebundenheit. Und auch mit Menschen um sich herum könne man sich chronisch einsam fühlen, weil echte gegenseitige Ansprache fehle.

In den USA leben heute 30 Prozent mehr Menschen allein als 1980. Auch in Deutschland steigt die Zahl der Single-Haushalte, 2014 waren es fast 40 Prozent. Nur etwa jeder sechste Alleinlebende war ein junger Single unter 30, mehr als ein Drittel waren Ältere ab 64 Jahren. (dpa)

230 Menschen befragten die Forscher jährlich zwischen 2002 und 2013 für ihre Langzeitstudie zur Einsamkeit.

Mehr zum Thema

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Leicht geringere Sterblichkeitsrate

Sind Frauen besser bei Ärztinnen aufgehoben?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert