Gesundheitswirtschaft

Branchenkonferenz zeigt Verflechtungen in Europa

Die Gesundheitswirtschaft wird zunehmend als Wirtschaftsfaktor und nicht mehr nur als Kostenfaktor gesehen. Das zeigte ein Kongress in Warnemünde.

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WARNEMÜNDE. Licht und Schatten auf der 10. Branchenkonferenz der Gesundheitswirtschaft in Warnemünde. Weil in diesem Jahr Russland das Partnerland war, blieb die Diskussion um die Krise in der Ukraine nicht aus.

"Die Gesundheitswirtschaft entfaltet in unserem Land eine große Dynamik", erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) zur Eröffnung der Konferenz. "Die Gesundheitswirtschaft hat einen erheblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung in Mecklenburg-Vorpommern."

In früheren Jahren galt der Gesundheitssektor als Teil der Grundversorgung und deshalb als Kostenfaktor. Heute sei er "wirtschaftlich eine eindeutige Erfolgsgeschichte."

106.000 Menschen arbeiten im Land in der Gesundheitswirtschaft - mehr als jeder siebte Beschäftigte. Die Gesundheitswirtschaft verzeichne den größten jährlichen Zuwachs von allen Branchen im Land, rühmte der Ministerpräsident die Entwicklung.

Russland braucht Kooperation

Aber bei allen Erfolgsmeldungen warf der Machtkampf in der Ukraine einen Schatten auf die Veranstaltung. Der russische Botschafter in Berlin, Wladimir M. Grinin, erklärte: "Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland werden von der innerukrainischen Krise überschattet. Wir dürfen nicht zulassen, dass Sanktionen unsere Kooperation in Gefahr bringen. Das würden uns die kommenden Generationen nicht verzeihen." Russland brauche die Kooperation bei der Reform des Gesundheitssystems.

Professor Nataliya Gurievna Petrova, Leiterin des Institutes für Pflege der Pavlov First Saint Petersburg State Medical University, wurde konkret. Sie erklärte, Russland hinke bei vielen Kennzahlen hinter der EU und den USA hinterher, etwa bei der hohen Sterblichkeit bei Männern und bei Neugeborenen.

Man müsse bei der Prävention ansetzen. Noch rauchen in Russland 60 bis 64 Prozent aller Männer und 10 bis 22 Prozent aller Frauen. Mit Medienkampagnen, neuen Gesetzen und der Motivation der Arbeitgeber wolle man nun dem Tabakkonsum beikommen.

Auch in der Grundversorgung müsse das Land zulegen. Es herrsche in der ambulanten Medizin zum Teil Ärztemangel. Deshalb gehen 70 Prozent des Gesundheits-Gesamtbudgets in die Kliniken. "Aber in 20 bis 30 Prozent der Fälle wäre eine Krankenhausversorgung gar nicht nötig", so Petrova. Nicht nur wegen der Nachsorge brauche man also "mehr ambulante Medizin und mehr Hausärzte".

Klar, dass Mecklenburg-Vorpommern hier wirtschaftliche Chancen sieht. Man plane, bei der Aus- und Weiterbildung, beim Klinikmanagement und bei der Prävention zusammenarbeiten, hieß es. Das Land werde seine Angebote an die Russen durch den Ministerpräsidenten übergeben.

TK schließt Direktverträge im Ausland

Den gesamteuropäischen Horizont eröffnete in seinem Beitrag Maciek Frackiewicz, Chief Knowledge Officer des EMC Instytut Mdyczny S.A. in Breslau (Polen). Er stellte den Europa-Service der Techniker Krankenkasse (TK) vor.

Die Kasse hat mit mehreren Anbietern des europäischen Auslandes Versorgungsverträge geschlossen, etwa mit einem Krankenhaus in Cammin. Hier brauchen die Versicherten nur ihre TK-Versichertenkarte vorzulegen, und das Haus rechnet direkt mit der Kasse ab.

Bei solchen Angeboten gehe es aber nicht nur um medizinische Leistungen, ergänzte Professor Volker Moews von der TK, "sondern um ganze Produktgruppen, zum Beispiel die Unterkünfte für Patienten und ihre Angehörigen." (cben)

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