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Zug in die Stadt "lässt sich nicht aufhalten"

Städte wachsen, das Land leert sich: Den Trend gibt es überall, im Gesundheitswesen aber ist er lange ignoriert worden, hieß es beim Hamburger Gesundheitswirtschaftskongress.

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HAMBURG. Prämien für die Ansiedlung, bessere Honorierung für Landärzte, Schnupperkurse für Medizinstudenten, Ärzte aus dem Ausland anwerben - es hat schon viele Versuche und Lösungsvorschläge gegeben, um Ärzte für die Landarzttätigkeit zu gewinnen.

Für Ullrich Eidenmüller haben all diese Vorschläge eines gemeinsam: sie werden auf breiter Fläche wirkungslos bleiben und nicht das Problem lösen. Denn alle gehen davon aus, dass sich die längst begonnene Zentrierung im Gesundheitswesen aufhalten lässt - was nach Ansicht Strategieberaters utopisch ist.

"Überall in unserer Gesellschaft hat es diese Zentrierung gegeben, nur im Gesundheitswesen zeigt man sich davon überrascht", stellte der frühere Bürgermeister und Gesundheitsdezernent der Stadt Karlsruhe auf dem jüngsten Hamburger Gesundheitswirtschaftskongress fest.

Zu den Verantwortlichen dieser verschlafenen Entwicklung zählt Eidenmüller auch die ärztlichen Organisationen, die nach seiner Beobachtung lange Zeit auf die falschen Instrumente gesetzt haben.

Als Beispiel nannte er die Niederlassungsprämien, die die KVen eine Menge kosten, den internen Wettbewerb um Ärzte befeuern - aber bundesweit betrachtet keinen zusätzlichen Arzt bringen.

"Falsches Denken" bei Ärzten

Aber auch den Ärzten selbst bescheinigte er ein "falsches Denken", weil sie so lange an ihren gewohnten Modellen festgehalten und Innovationen nicht vorangetrieben haben. Viele Ärzte, die jetzt ihre nicht mehr gefragten Einzelpraxen feilbieten, haben nach seiner Beobachtung resigniert.

Wie also sollte reagiert werden? Eidenmüller hält Strukturreformen für nötig, die ein derzeit kaum mögliches Miteinander verschiedener Berufsgruppen im Gesundheitswesen zulassen würden.

Dazu wäre unter anderem eine Verzahnung der noch getrennten Finanzierungsströme erforderlich. Räumlich und organisatorisch vernetzte Kooperationen, in denen sich die Berufsgruppen im Gesundheitswesen auf Augenhöhe und in zentraler Immobilie begegnen - das erinnerte einige Teilnehmer an die Polikliniken der DDR.

Ein Vierteljahrhundert später erfuhr damit das Modell des sozialistischen Staates ausgerechnet auf einem Gesundheitswirtschaftskongress, der vor allem zur Anbahnung von Geschäften genutzt wird, unerwarteten Zuspruch. (di)

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