Baden-Württemberg

Fulminanter Start für Orthopädie-Vertrag

Über 500 teilnehmende Orthopäden, mehr als 215.000 eingeschriebene Patienten - der Orthopädievertrag in Baden-Württemberg ist erfolgreich gestartet.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

STUTTGART. Mehr Zeit für umfassende Beratung, weniger unnötige apparative Diagnostik und Therapie, Förderung der Eigeninitiative von Patienten und bessere Koordination durch Hausärzte - mit diesen Eckpunkten für eine bessere Versorgung hat der Orthopädie-Vertrag nach Paragraf 73c im ersten Jahr seines Bestehens einen fulminanten Start geschafft.

Vertragspartner sind die AOK Baden-Württemberg und die Bosch BKK einerseits sowie der Medi-Verbund und Fachärztverbände andererseits.

Nach einem Jahr nehmen über 500 niedergelassene Orthopäden, Unfallchirurgen und Chirurgen an diesem Vertrag teil. Damit wird das Minimum von 200 Fachärzten weit überschritten. Über 215.000 Versicherte der AOK und der Bosch BKK wurden 2014 entsprechend den Regeln dieses Vertrags behandelt.

Damit hat sich die Zahl der im Facharztprogramm behandelten Patienten auf mehr als 400.000 gut verdoppelt.

Aus der Sicht der teilnehmenden Ärzte könnte auch das attraktive Honorar ein wichtiges Motiv für die hohe Beteiligung sein: der durchschnittliche Fallwert für ausschließlich konservativ tätige Ärzte betrug im vierten Quartal vergangenen Jahres 86 Euro und für operativ tätige Ärzte 111 Euro.

Verglichen mit dem durchschnittlichen KV-Fallwert entspreche dies einem Honorarplus von mehr als 40 Prozent, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Vertragspartner.

Deutlich mehr Zeit für Patienten

Die AOK wertet dies als sinnvolle Investition. Die mit vier Millionen Versicherten größte Kasse in Baden-Württemberg weist darauf hin, dass 40 Prozent der Arbeitsunfähigkeitszeiten auf orthopädische Erkrankungen, Verletzungen und Muskoloskelettale Beschwerden entfallen - mit steigender Tendenz.

AOK-Chef Dr. Christopher Hermann: "Die deutliche Zunahme vieler Zivilisationserkrankungen stellt uns vor Versorgungsaufgaben, die innerhalb der starren Monopolstrukturen des Kollektivvertragssystems nicht sinnvoll lösbar sind. Dazu bedarf es eines Versorgungswettbewerbs mit einer echten Alternative zur Regelversorgung, wie sie durch die umfassende Versorgungskette hausarztzentrierte Versorgung sowie 73c-Verträge in Baden-Württemberg mit den Vertragspartnern seit Jahren zunehmend erfolgreich etabliert wird."

Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner betont die gemeinsame Philosophie der Selektivverträge: "Wir haben auch im Orthopädievertrag konsequent unsere Vertragsstrategie fortgeführt. Der Fokus liegt auf einer strukturierten Therapie komplizierter und kostenintensiver Fälle nach dem Grundsatz ,ambulant vor stationär‘, um unnötige Klinikeinweisungen zu verhindern. Dafür erhalten Fachärzte ein leistungsgerechtes Honorar ohne Fallzahlbegrenzung."

"Die Regelversorgung ist seit Jahren ein Hamsterrad der Einmal-Kontakt-Medizin", beklagt der Sprecher des Orthopädenverbandes, Dr. Burkhard Lembeck.

"Durch die höheren Fallwerte ermöglicht der Vertrag uns Ärzten eine ganz andere Behandlungsintensität und -qualität." Für die Patienten stehe deutlich mehr Zeit zur Verfügung.

Die Vorständin der Bosch BKK, Dr. Gertrud Prinzing, sieht eine strukturelle Verbesserung der Versorgung - durch "eine hohe Behandlungsqualität, mehr Beratungszeit, ganzheitliche Behandlung und strukturierte Kooperation von Haus- und Fachärzten.

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