Flüchtlingsversorgung

GKV-Niveau gilt mit Abstrichen

In Hamburg wird kein Grundsatzstreit mehr geführt: Fragen zum Leistungsumfang, zur Gesamtvergütung und zur Abrechnung sind dort detailliert geregelt worden.

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HAMBURG. Die politische Auseinandersetzung um die Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge sorgt in Praxen für Verunsicherung über den damit verbundenen Leistungsumfang und die Abrechnung.

Erfahrungen kann Hamburg beisteuern. Dort gibt es die Gesundheitskarte für Flüchtlinge, auch zur Abrechnung und zum Leistungsumfang hat man Präzisierungen vorgenommen.

In Hamburg ankommende Flüchtlinge unterziehen sich in einer zentralen Erstaufnahme einer medizinischen Eingangsuntersuchung durch Ärzte, die im Auftrag der Innenbehörde tätig sind und von dieser auch bezahlt werden. Anschließend erfolgt die Anmeldung des Asylsuchenden bei der AOK Bremen/Bremerhaven, die dafür die Gesundheitskarte ausstellt. Hierfür gilt:

Leistungsumfang: Die AOK und die Stadt Hamburg haben sich darauf verständigt, dass für die Asylsuchenden überwiegend Leistungen im Rahmen der GKV zu erbringen sind. Ausgenommen sind künstliche Befruchtungen, DMP, freiwillige Zusatzleistungen außerhalb der Pflichtleistungen und Leistungen im Ausland.

AOK zahlt 70 Euro pro Quartal Kopfpauschale

Für Psychotherapien, Sehhilfen, Vorsorge- und Rehaleistungen sowie Zahnersatz gelten gesonderte Bedingungen. Möglich sind dagegen Vorsorgeuntersuchungen und amtlich empfohlene Schutzimpfungen.

Gesamtvergütung: Für jeden Flüchtling zahlt die AOK der KV eine Kopfpauschale in gleicher Höhe wie für alle GKV-Versicherten - rund 70 Euro pro Quartal.

Wichtiger Unterschied: Dieser Betrag stammt nicht aus den Versichertengeldern, sondern kommt von der Sozialbehörde. So belastet die medizinische Versorgung von Flüchtlingen nicht die Gesamtvergütung, sondern wird aus zusätzlichen Mitteln honoriert.

Abrechnung: Diese läuft für die Ärzte wie für jeden GKV-Versicherten über die KV und nach Bestimmungen des EBM und des Hamburger HVM. Ein Teil der Leistungen ist budgetiert, ein anderer extrabudgetär.

Fallzahlsteigerungen fließen seit einer HVM-Änderung in Hamburg für Hausärzte schnell in die Abrechnung ein. Für Fachärzte arbeitet die KV an einer vergleichbaren Regelung. Damit ist gewährleistet, dass die zusätzlichen Mittel auch bei Ärzten ankommen, die die zusätzliche Arbeit leisten.

Ermächtigungen bei KV beantragen

Wegen der hohen Flüchtlingszahlen kann nicht jeder Asylsuchende sofort mit einer Gesundheitskarte ausgestattet werden. So lange ein Flüchtling noch nicht AOK-versichert ist, übernimmt die Sozialbehörde die Kosten für erbrachte Leistungen. Diese werden nach den vollen Preisen der Hamburger Gebührenordnung honoriert.

Die KV in der Hansestadt hält die Lösung für geeignet, eine "unkomplizierte und hocheffektive Integration in die ambulante Versorgung zu gewährleisten." Sie rät Ärzten, die außerhalb ihrer Praxen Flüchtlinge behandeln wollen, sich direkt mit den Unterkünften in Verbindung zu setzen.

Dafür können Ärzte Filialen oder Ermächtigungen bei der KV beantragen. Auch die Anstellung von Ärzten in Zweigpraxen ist möglich.

Als Standorte für solche Praxen kommen in erster Linie die Folgeunterkünfte in Frage - dort sind die Flüchtlinge in aller Regel schon mit einer Gesundheitskarte ausgestattet. (di)

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