Bremer Modell

Souveräne Flüchtlingsversorgung

Eine Studie belegt, dass die guten rechtlichen Rahmenbedingungen Hausärzten bei der Flüchtlingsversorgung helfen.

Veröffentlicht:

BREMEN. Je mehr Bremens Hausärzte über die Versorgung von Flüchtlingen wissen und je mehr Flüchtlinge sie versorgen, desto weniger Probleme sehen sie bei dieser Patientengruppe.

Das ist eines der Ergebnisse der Studie, die Jennifer Koch, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bremer Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP), bei der Bremer Tagung "Migration, Health and Ethics" präsentiert hat.

Das so genannte Bremer Modell macht die Versorgung und die Abrechnung der Versorgung von Flüchtlingen an der Weser einfacher. Sie erhalten eine Gesundheitskarte der AOK Bremen/Bremerhaven. Die Leistungen werden direkt über die KV abgerechnet und vom Amt für Soziale Dienste getragen. Die Ärzte können so ihre Leistungen ganz normal abrechnen.

Bremer Gesundheitsamt schickt Flüchtlinge vor allem zum Hausarzt

"Dass die Hausärzte der Stadt so souverän mit den Bedingungen der Flüchtlingsversorgung umgegangen sind, liegt auch daran, dass die KV Bremen gute Informationen herausgegeben hat", sagte Koch der "Ärzte Zeitung". "Ich hätte erwartet, dass die Hausärzte unsicherer sind mit den rechtlichen Rahmenbedingungen."

Im Vorjahr sind rund 10.000 Flüchtlinge vor allem aus Syrien und Afghanistan in Bremen angekommen sowie 2700 unbegleitete Jugendliche. 2016 waren es bisher 550 unbegleitete Minderjährige. Schätzungen zufolge werden rund 4000 weitere Flüchtlinge an die Weser kommen.

Tatsächlich schickt das Bremer Gesundheitsamt die Flüchtlinge, wenn sie nach der Erstuntersuchung einen Arzt brauchen, vor allem zum Hausarzt. Das zeigt die Statistik, die die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Monika Lelgemann, vorlegte. In einem Quartal überweisen sie im Schnitt 190 Patienten an einen Hausarzt, 150 an einen Kinderarzt und 139 an einen Zahnarzt.

Emotionaler Stress und Traumata

Die schwierigen psychischen Belastungen der Flüchtlinge zu lindern, macht allerdings Probleme. "Wir wissen sehr wenig über emotionalen Stress oder Traumata der Flüchtlinge", so Lelgemann. Bei den Eingangsuntersuchungen sei man mit Fragen nach Gewalterfahrungen und den Umständen der Flucht "vorsichtig".

Eine Sonderstellung nimmt Bremen ein durch die vielen unbegleiteten Jugendlichen. "Wie andere Großstädte, ist auch Bremen bei den Jugendlichen beliebt", sagt Lelgemann. Ihre Zahl erhöht allerdings die Tuberkuloserate.

Je 100.000 Einwohner verzeichnete Bremen 2015 eine Inzidenz von Tuberkulose von 11,41 und liegt damit bundesweit an der Spitze. Nach und nach wird die Zahl der jungen Leute aber kleiner. Seit Ende November 2015 werden sie über den sogenannten Königsteiner Schlüssel gleichmäßig auf die Bundesländer erteilt, sagt Lelgemann.

Bisher fehlt in Bremen noch eine ausreichend große zentrale Erstaufnahmeeinrichtung, sie soll im Oktober eröffnet werden.

Bisher geht das Gesundheitsamt mit Teams aus Ärzten und Medizinischen Fachangestellten in die rund 30 großen Gemeinschaftsunterkünfte des Landes, um die Flüchtlinge zu untersuchen. Das binde viele Ressourcen, sagt Lelgemann. (cben)

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen