Abschiebungen

Streit um ärztliche Atteste

Ärztliche Gutachter stehen in Abschiebeverfahren oft zwischen den Fronten. Die Bundesregierung wirft ihnen vor, Abschiebungen mit Gefälligkeitsattesten zu verhindern.

Veröffentlicht:
Droht eine Abschiebung? Die Regierung wirft Ärzten vor, zu häufig Gefälligkeitsgutachten auszustellen (Symbolbild).

Droht eine Abschiebung? Die Regierung wirft Ärzten vor, zu häufig Gefälligkeitsgutachten auszustellen (Symbolbild).

© Georg Wendt / dpa

BERLIN. Atteste, mit denen Abschiebungen verhindert werden, sorgen weiter für Unmut zwischen Bundesregierung und Ärzteschaft. Die Regierung wirft Ärzten vor, zu häufig Gefälligkeitsgutachten auszustellen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor.

"Die Bundesregierung steht in einem ständigen Dialog mit den Ländern und einiger ihrer Ausländerbehörden. In diesem Zusammenhang wurde von auffälligen Attestierungen von Krankheiten rückzuführender Ausländerinnen und Ausländer berichtet. Es werde eine Vielzahl von Attesten vorgelegt, die auffallen, weil immer wieder die gleichen Ärzte mit gleichlautendem Inhalt oder fehlender fundierter Begründung Reiseunfähigkeit attestieren", schreibt die Regierung in ihrer Antwort.

Vorsätzlich falsch erstellte Atteste?

Eine größere Anzahl gleichlautender Atteste enthalte zudem zu Beginn der Ausführungen Formulierungen wie "Verdachtsdiagnose". Daran schließe sich unmittelbar das Votum an, eine Abschiebung solle nicht erzwungen werden.

Die Regierung gibt aber auch zu, dass sie über keine genauen Zahlen zu diesen Vorgängen verfüge. Ob es sich um vorsätzlich falsch erstellte medizinische Atteste handele, müssten die Strafverfolgungsbehörden entscheiden.

Die Anfrage der Linken geht auf Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) vom Juni zurück, 70 Prozent der Männer unter 40 könnten aus medizinischen Gründen nicht abgeschoben werden. Davon musste er später abrücken, weil sich die Zahlen nicht belegen ließen.

Ärzte zwischen den Fronten

BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery kritisierte schon damals: "Ärztliche Gutachter in Abschiebeverfahren geraten immer wieder zwischen die Fronten. Mal wird ihnen vorgeworfen, sie erstellten Gefälligkeitsgutachten im Sinne der Asylbewerber, dann heißt es wieder, sie seien Erfüllungsgehilfen staatlicher Stellen.

Solche Unterstellungen – egal aus welcher Richtung sie kommen – entbehren jeder Grundlage und bringen uns nicht weiter." Jetzt meldete sich auch der Präsident der hessischen Landesärztekammer Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach zu Wort: "Wir weisen den pauschalen Vorwurf der Bundesregierung, viele Ärzte stellten falsche Gutachten aus, um Abschiebungen zu verhindern, zurück", so der LÄK-Präsident am Freitag.

Der Politik müsse deutlich gemacht werden, dass eine Begutachtung"nicht mal so nebenbei" zu erledigen sei. Dafür brauche es Zeit und Erfahrung. (chb)

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen