Ihr Wachstum ist unaufhaltsam: Um 20 Prozent hat die Zahl der MVZ zwischen Januar 2009 und 2010 zugenommen. Abstand hat die Koalition von ihrem Plan genommen, dass nur Vertragsärzte MVZ betreiben dürfen.

Von Helmut Laschet

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind einer der Erfolgsschlager der Gesundheitsreform von 2003. Ärzte, Krankenhäuser, aber auch andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen und nicht zuletzt Mangement-Gesellschaften können solche Zentren betreiben. Die Grundphilosophie ist, die interdisziplinäre Zusammenarbeit unter einem Dach zu organisieren. Ferner ist das MVZ eine Option für Ärzte, im Angestelltenstatus für die ambulante Medizin zu arbeiten und damit die wirtschaftlichen Risiken eines Freiberuflers zu vermeiden. Im Grunde genommen eine weitere Beschäftigungsoption jenseits des Krankenhauses.

Allerdings: Von einem Teil der Ärzte und vor allem von einigen ärztlichen Organisationen, allen voran der Bayerische Hausärzteverband unter seinem Chef Dr. Wolfgang Hoppenthaller, aber auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, wird mit Argwohn beobachtet, dass ein wachsender Teil der MVZ in der Trägerschaft von Krankenhäusern betrieben wird.

Das Horrorszenario von Heuschrecken in der Medizin

Hoppenthaller hat sich dazu ein Horrorszenario von der angeblichen Amerikanisierung des deutschen Gesundheitswesens ausgedacht: Er fürchtet, dass fremdes Kapital heuschreckenartig die ambulante Medizin überfällt und ein Rendite-gieriges Management die Versorgung aussaugt, bei der die Ärzte nur noch nach ökonomischen Zwängen arbeiten. Private Klinikbetreiber werden dabei als trojanische Pferde gesehen, deren Funktion es ist, sukzessive die ambulante Medizin zu übernehmen und die als Freiberufler arbeitenden niedergelassenen Ärzte in einen Vernichtungswettbewerb zu treiben.

Immerhin scheinen derart abseitige Szenarien eine Reihe von liberal-konservativen Politikern so beeindruckt zu haben, dass in den Koalitionsvertrag eine Absichtserklärung Eingang fand, wonach die Trägerschaft von Medizinischen Versorgungszentren den Vertragsärzten vorbehalten werden sollte. Nur im Fall von Unterversorgung sollten Kliniken bei Gründung neuer MVZ eine Mit-Trägerschaft als Minderheits-Gesellschafter erlaubt werden.

Merkwürdig wie so manches in dieser Koalition unter starker liberaler Beteiligung: Im Kern würde die Beschränkung der Trägerschaft von MVZ auf freiberuflich praktizierende Vertragsärzte auf ein Investitionsverbot hinauslaufen. Juristisch war der Plan der Koalition eh auf dünnes Eis gebaut. Denn der Wettbewerb verschiedener Träger, den der Gesetzgeber 2003 mit dem GMG freigegeben hatte, lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Es sei denn, diese Freiheitsrechte kollidieren mit höherwertigen Rechten wie beispielsweise das Grundrecht auf Unversehrtheit. Will sagen: Der Gesetzgeber hätte nachweisen müssen, dass die Medizinischen Versorgungszentren, die von Nicht-Vertragsärzten betrieben werden, ein Risiko für die Volksgesundheit sind. Faktisch deutet nichts darauf hin.

Nur die Zahl angestellter Ärzte wächst beständig

Ein wichtiger Trend zeichnet sich seit geraumer Zeit ab: Die Zahl der Vertragsärzte, die in MVZ arbeiten, stagniert nahezu bei gut 1300. Nur die Zahl der angestellten Ärzte nimmt kontinuierlich mit jährlichen Wachstumsraten von gut 20 Prozent zu und erreichte im ersten Quartal dieses Jahres 6209. Vor dem Hintergrund eines steigenden Frauenanteils in der Medizin sind MVZ - und hier vor allem diejenigen in Klinik-Trägerschaft versorgungspolitisch von großer Bedeutung.

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