In Mirow

Gesundheitshaus auf Initiative einer Ärztin

Wenn der Ärztemangel droht, dann kann auch die Eigeninitiative der Ärzte vor Ort helfen. Das versucht zumindest Dr. Uta Arndt, Haus- und Kinderärztin in Mirow.

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Dr. Uta Arndt, Hausärztin und Unternehmerin in Mirow.

Dr. Uta Arndt, Hausärztin und Unternehmerin in Mirow.

© Dirk Schnack

MIROW (di). Die Bedingungen in Mirow ähneln denen in Woldegk: In dem kleinen Ort im Müritz-Nationalpark leben rund 3500 Einwohner, deren ambulante ärztliche Versorgung durch vier niedergelassene Ärzte sichergestellt wird.

Die Jüngste von ihnen ist Dr. Uta Arndt (53), eine Studienkollegin von Petra Ehlert, die wiederum in Woldegk jüngste Ärztin ist.

Genauso wie im 60 Kilometer entfernten Woldegk entsteht auch in Mirow ein Gesundheitshaus. Nur früher und auf Initiative der Ärztin.

Arndt ist praktische Ärztin und Pädiaterin. Sie arbeitet in eigener Immobilie, eine Hausärztin und Physiotherapeutin haben hier ebenfalls ihre Praxisräume.

Wenn in Woldegk nächstes Frühjahr mit dem Bau begonnen wird, können die Patienten in Mirow voraussichtlich schon im fertigen Gesundheitshaus behandelt werden.

Zu verdanken hat der Ort dies dem Engagement und der Risikobereitschaft Arndts und ihres Mannes, der als Diplom-Ingenieur in der Medizintechnik-Branche tätig ist.

600 Quadratmeter Platz

"Wir haben schon immer von der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen in der Nachbarschaft profitiert. Kurze Wege, schnelle Verständigung, man ist über das Spektrum der anderen informiert", sagt Arndt.

Weil es in ihrer Immobilie eng wurde und sich zugleich junge Ärzte für das Arbeiten in einer Gemeinschaft eher begeistern lassen, entschied sich das Ehepaar für den nächsten Schritt: ein Gesundheitshaus, das mit der bestehenden Immobilie verbunden ist.

Über 600 Quadratmeter verfügt das bereits fertige neue Haus, über ein zweites angrenzendes Gebäude kommen demnächst 300 Quadratmeter hinzu. Dort werden später eine Cafeteria, Sportmöglichkeiten und eine Sauna die Gesundheitsleistungen des Haupthauses ergänzen.

Das Gesundheitshaus schafft zuerst mehr Platz für die bestehenden Ärzte, die damit auch die Kapazität haben, neue Kollegen aufzunehmen.

Arndt ist im Gespräch mit einer Weiterbildungsassistentin, die später nach Mirow kommen möchte, und mit einem älteren Kollegen, der in Teilzeit arbeiten möchte. Neu hinzukommen auch Ergo- und Logopädie sowie eine Podologie.

Eine Lehrküche und eine Ernährungsberatung gehören zum Konzept, auch Kurse zu Prävention und Gesundheitsförderung. Ob sich auch eine schmerztherapeutische Sprechstunde realisieren lässt, ist noch offen.

EU-Fördermittel zugesagt

Die Finanzierung in Höhe von 1,6 Millionen Euro für das Objekt war für Arndt kein Problem, ihre Bank hat wegen der abbezahlten Alt-Immobilie und der gut frequentierten Praxis keine Bedenken gehabt.

Und ihr gelingt es, andere Menschen von ihrem Konzept zu überzeugen. "So etwas funktioniert nicht vom grünen Tisch aus. Man muss die Leute mitnehmen und ihnen zeigen, dass sie etwas davon haben", lautet ihre Erfahrung. Dazu gehört auch, selbst Überzeugung auszustrahlen.

Arndt vermittelt den Eindruck, dass ihr die Arbeit und das Projekt wichtig sind und sich dies zugleich wirtschaftlich auch lohnt. "Ich war nie unzufrieden, auch finanziell nicht", versichert sie.

Für Arndt hat es sich auch gelohnt, sich mit den Paragrafen für Fördermöglichkeiten zu beschäftigen: Sie hat eine Zusage über EU-Mittel in Höhe einer Viertelmillion Euro erhalten - damit wird der zweite Bauabschnitt erst möglich.

Arndt setzt in ihrem Gesundheitshaus auch darauf, die Gesundheitsberufe von administrativen Aufgaben zu entlasten.

Nach dem Konzept großer Ärztegemeinschaften in Neubrandenburg und Stralsund hat ihre Familie eine Betreibergesellschaft gegründet, die alle fachfremden Aufgaben wie Reinigung, Hausmeistertätigkeit oder Abrechnung übernimmt.

Arndt überlässt nichts dem Zufall. Ihr Konzept hat sie sogar selbst wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen einer gesundheitsökonomischen Weiterbildung an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt/Oder hat sie sich in ihrer im Frühjahr fertig gestellten Masterarbeit mit den örtlichen ärztlichen Bedingungen beschäftigt. Titel: "Medizinische Versorgung im ländlichen Raum. Das Projekt Gesundheitshaus Mirow."

Jetzt muss sich das Konzept nur noch in der Realität bewähren.

Lesen Sie dazu auch: Woldegk: Im Gesundheitshaus ist Platz für Honorarärzte

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