Prostatakrebs

Bundesweite Studie erfolgreich gestartet

Auch Hausärzte können dazu beitragen, dass Prostatakrebs-Patienten künftig mehr Sicherheit bei der Wahl der Behandlungsmethode bekommen. Zum Beispiel, indem sie ihre Patienten an Urologen überweisen, die sich an der PREFERE-Studie beteiligen.

Von Peter Willenborg Veröffentlicht:
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland.

Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland.

© Mathias Ernert / Urologische Klinik, Universtätsklinikum Mannheim

BERLIN. Knapp 70 Krankenhäuser bundesweit beteiligen sich bereits als Studienzentren an der Deutschen Prostatakrebs-Studie PREFERE.

"Durch dieses fast flächendeckende Angebot haben Männer mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom in ganz Deutschland die Möglichkeit, an PREFERE teilzunehmen und sich in einem Krankenhaus ihrer Nähe behandeln zu lassen", sagt Studienleiter Professor Michael Stöckle, Direktor der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums des Saarlandes.

Weitere Kliniken arbeiten an der Vorbereitung der Teilnahme und werden in den nächsten Wochen hinzukommen.

In der PREFERE-Studie werden erstmals alle vier gängigen Behandlungsmethoden bei frühen Formen von Prostatakrebs vergleichend untersucht.

Dabei steht PREFERE für Preference based randomized evaluation of treatment modalities in low or early intermediate risk prostate cancer.

Ziel der Studie ist es, in Zukunft mehr Entscheidungssicherheit für die betroffenen Patienten und ihre behandelnden Ärzte zu schaffen.

Vier Therapieoptionen in einer Studie

Die PREFERE-Studie

Ziel der Studie ist es, die langfristig beste Behandlungsmethode für das lokal begrenzte Prostatakarzinom mit niedrigem bzw. frühem intermediären Risiko zu ermitteln. Dabei werden die Permanente Seed Implantation, die Radikale Prostatektomie, die Perkutante Strahlentherapie und Active Surveillance miteinander verglichen.

Teilnehmen können Männer von 18 bis 75 Jahren mit lokal begrenztem Prostata-Ca. Allerdings nur dann, wenn bei ihnen noch keine Behandlung des Krebses stattgefunden hat.

Die Studie ist unabhängig von industriellen und kommerziellen Interessen. Die wichtigsten Förderer sind die Deutsche Krebshilfe sowie die gesetzliche und die private Krankenversicherung. Für die Organisation zeichnet die Deutsche Krebsgesellschaft verantwortlich.

Weitere Informationen: www.prefere.de, www.aok-gesundheitspartner.de

Interessiert sich ein Patient für die Teilnahme an der Studie, wird er von seinem behandelnden Urologen an eines der teilnehmenden Studienzentren überwiesen. Dort klärt ihn der zuständige Arzt ausführlich über die Studie und die vier möglichen Therapieoptionen auf.

Wenn sich der Patient für die Teilnahme entscheidet, wird er nach einer der vier möglichen Methoden behandelt und anschließend über einen Zeitraum von mindestens 13 Jahren in Zusammenarbeit mit seinem niedergelassenen Urologen und durch ein Studienzentrum betreut.

Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie ist, dass der Prostatakrebs noch nicht weit fortgeschritten ist, gerade diagnostiziert und bisher noch nicht behandelt wurde.

Die Qualität der Behandlung ist gesichert: Kliniken, die sich als Studienzentren an PREFERE beteiligen, müssen bestimmte Qualitätsanforderungen wie eine Mindestzahl von Prostatakrebs-Behandlungen pro Jahr erfüllen.

Zudem müssen sie in der Lage sein, sowohl die chirurgische Behandlung des Prostatakarzinoms als auch die beiden verschiedenen Möglichkeiten der Strahlentherapie durchführen zu können.

"Die Zentren müssen sich außerdem einem Verfahren zur Qualitätssicherung unterziehen", betont Stöckle. "Die Patienten können sich also darauf verlassen, dass sie im Rahmen der PREFERE-Studie eine optimale Behandlung erhalten."

Gewebe wird zweifach geprüft

Ein weiterer Vorteil für die Patienten: Besonders erfahrene und spezialisierte Pathologen untersuchen das Prostata-Gewebe der Studienteilnehmer, das bei der Biopsie entnommen wurde, zusätzlich noch einmal.

Diese Zweitbegutachtung, die nicht zur Regelversorgung gehört, liefert nicht nur eine höhere Sicherheit der Diagnose. "Sie dient auch gleichzeitig der Kontrolle, ob der Patient tatsächlich für die Studie geeignet ist", so Stöckle.

Schon jetzt haben sich zahlreiche Urologen für die Teilnahme an der Studie entschieden. Sie überweisen geeignete Patienten im Rahmen eines Vertrages zur Integrierten Versorgung zur Behandlung an die Studienzentren und führen anschließend die Nachsorge durch.

Die PREFERE-Studie wird durch ein breites Bündnis von Organisationen und Institutionen des deutschen Gesundheitswesens getragen. Finanziert wird die Studie von der Deutschen Krebshilfe und den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen.

An der Studie sind außerdem die Deutsche Gesellschaft für Urologie, die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie, der Berufsverband Deutscher Urologen, die Deutsche Krebsgesellschaft und der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe beteiligt.

Häufigste Krebsart bei Männern

Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts erkranken pro Jahr etwa 67.600 Patienten. Ein Großteil der Betroffenen hat einen lokal begrenzten Tumor.

In diesem Fall kommen vier Behandlungswege in Frage: das operative Entfernen der Prostata, die Bestrahlung von außen, die Behandlung des Tumors mit dauerhaft in der Prostata platzierten Strahlenquellen (Brachytherapie) oder die aktive Überwachung mit regelmäßigen Kontrollen und der Einleitung weiterer Therapieschritte bei Fortschreiten der Krankheit.

Diese vier Behandlungsmethoden werden in der PREFERE-Studie vergleichend untersucht.

Interview: Das Zusammenspiel von Klinik und Praxis ist gefragt

Dr. Peter Renner beteiligt sich an der PREFERE-Studie.

Dr. Peter Renner beteiligt sich an der PREFERE-Studie.

© Privat

Der Urologe Dr. Peter Renner vom Urologischen Zentrum Lübeck ist überzeugt: Es ist sinnvoll, an PREFERE teilzunehmen.

Warum nehmen Sie an der PREFERE-Studie teil?

Dr. Peter Renner: Ich möchte im Sinne der Patienten selbst erfahren, welche Behandlung bei einem Frühstadium des Prostatakrebses die beste Therapieart ist. Außerdem kann die Studie nur durch die Mitarbeit und Zusammenarbeit der Urologen aus Klinik und Praxis zum Erfolg werden. Nach den S3- Leitlinien sind alle vier Therapiearten beim Prostatakrebs-Frühstadium möglich. Und entsprechend dem Patientenrechtegesetz muss der Urologe den Patienten über alle vier Therapiearten aufklären.

Fällt durch die Teilnahme ein erhöhter Arbeitsaufwand an?

Dr. Renner: Das hält sich in Grenzen. Das Informationsmaterial ist ausgezeichnet, es gibt eine DVD und eine Broschüre, die wir den Patienten zur Aufklärung mitgeben können. So können sich die Patienten bequem zuhause informieren und hinterher mit dem Arzt die verschiedenen Optionen besprechen. Alles in allem haben Studienärzte zwar einen leicht erhöhten Aufwand, der aber für jeden randomisierten Patienten mit 300 Euro honoriert wird.

Aus welchen Gründen entschließen sich Patienten zur Teilnahme?

Dr. Renner: Ein häufiger Beweggrund der Studienteilnahme für Patienten ist, aus den Ergebnissen der Studie für zukünftig Erkrankte neue Erkenntnisse für die Krebsbehandlung zu finden, also ein altruistischer Beweggrund.

Welche Vorteile haben die Patienten von der Studie?

Dr. Renner: Die Patienten werden in ausgewählten qualifizierten Zentren therapiert und besonders engmaschig und schematisiert kontrolliert. Außerdem wird jeder histologische Befund von einem zweiten Pathologen nachkontrolliert. Die Therapiemodalitäten, ob OP oder Bestrahlung, werden ebenfalls noch einmal von einem zweiten Fachmann überprüft. Selbstverständlich hat jeder Patient zu jeder Zeit die Möglichkeit, aus der Studie auszuscheiden und selbst eine andere Therapie zu wählen.

Gibt es auch Risiken, beispielsweise durch neue Verfahren, die erprobt werden?

Dr. Renner: Nein. Es werden nur Verfahren geprüft, die bereits in den S3-Behandlungsleitlinien zur Therapie des beginnenden Prostatakrebses als Verfahren geprüft und zugelassen sind. Es werden keine experimentellen Verfahren in der Studie geprüft.

Ist die bei der Studie vorgesehene Randomisierung nach Ihrer Erfahrung ein Problem für die Patienten?

Dr. Renner: Teils, teils. Erstaunlicherweise schließen die meisten Patienten maximal ein Verfahren aus und nicht wie anfänglich vermutet, zwei Verfahren.

Ihr Wunsch an Kollegen?

Dr. Renner: Ich würde mir wünschen, dass viele meiner Kollegen die Studie unterstützen, da die Patienten sowieso über alle Therapiearten aufgeklärt werden müssen. Wenn nur zehn Prozent der Patienten, die die Studienkriterien erfüllen, teilnehmen würden, kämen problemlos die 7.600 geforderten Patienten in vier Jahren zusammen. Und dazu brauchen wir eine gute Aufklärung der Patienten und eine hohe Teilnahmebereitschaft der Urologen an dieser Studie.Deshalb sprechen wir vom Urologischen Zentrum Lübeck auch die Hausärzte in der Umgebung an. Denn viele Hausärzte machen schon einen PSA-Test. Sie sollten ihre Patienten an Urologen überweisen, die sich an der Studie beteiligen beziehungsweise die Urologen zur Teilnahme ermuntern.

Das Interview führe Taina Ebert-Rall.

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