AOK

DMP-Ziele besser umsetzen

Aktuelle Auswertungen der AOK zu den Dokumentationsdaten zum DMP Diabetes Typ 2 zeigen, dass bei der Versorgung der chronisch kranken Patienten noch nicht alles optimal läuft.

Von Peter Willenborg Veröffentlicht:

BERLIN. Wie werden die DMP-Ziele in der Praxis tatsächlich umgesetzt? Antworten auf diese Frage gibt jetzt eine Langzeit-Analyse, die das Evaluationsinstitut infas im Auftrag des AOK-Bundesverbandes durchgeführt hat. Dazu wurden die Dokumentationsdaten von Teilnehmern am DMP Diabetes Typ 2 ausgewertet.

Daten von 178.000 Patienten

Mit mehr als vier Millionen eingeschriebenen Patienten, handelt es sich um das teilnehmerstärkste DMP der gesetzlichen Krankenkassen. In die aktuelle Verlaufsbetrachtung wurden mehr als 178.000 Patienten einbezogen, die sich 2003 und 2004 für die Teilnahme an den AOK-Programmen entschieden haben.

Berücksichtigt wurden nur Patienten, die achteinhalb Jahre ohne Unterbrechung am DMP Diabetes teilnahmen. Die Entwicklung ihrer Werte zeigt, dass nicht alle medizinischen Ziele erreicht werden, die zwischen Kassen und Ärztevertretern vereinbart worden sind.

Positiv sieht es bei der Blutdruck-Einstellung aus: Der Anteil der gut eingestellten Patienten mit einem diagnostizierten Bluthochdruck stieg im Beobachtungszeitraum von 36 auf 55 Prozent - und lag schon ab dem 2. Teilnahmehalbjahr über der vorgesehenen Zielmarke von 40 Prozent.

Auch der Anteil der Patienten mit regelmäßiger Messung des Serum-Kreatinin-Wertes lag im "grünen Bereich": Dieser Wert wurde fast durchgehend bei über 90 Prozent der Patienten jährlich gemessen.

Weniger gut sind die Ergebnisse beim HbA1c-Wert: Der Anteil der Patienten, die ihren mit dem Arzt vereinbarten Zielwert erreichten, konnte zunächst vom 1. bis zum 3. Auswertungshalbjahr mehr als verdoppelt werden (von 22 auf 48 Prozent).

Im weiteren Verlauf pendelte der Wert dann aber je nach Halbjahr zwischen 46 und 51 Prozent. Hier müssen die Beteiligten also weiter daran arbeiten, die gemeinsam vereinbarte Zielmarke von 55 Prozent zu erreichen.

Der Anteil der Patienten mit einem gut eingestellten HbA1c-Wert nimmt im Verlauf der Zeit insgesamt ab, was aber angesichts des fortschreitenden Alters der Patienten und der achteinhalb Jahre längeren Erkrankungsdauer nicht verwundert.

Augenuntersuchungen rückläufig

Einen regelrechten Negativtrend gab es jedoch bei den regelmäßigen Augenuntersuchungen. Der Anteil der Patienten, bei denen die Augen jährlich untersucht wurden, sank von 84 Prozent im ersten Auswertungsjahr auf 76 Prozent im achten Jahr.

Um solchen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken und die Qualität der Behandlung in den strukturierten Behandlungsprogrammen zu verbessern, hat die AOK aktuell einen DMP-Leitfaden für Ärzte und Praxisteams entwickelt (siehe Kasten unten).

Die medizinischen Inhalte der bestehenden Programme werden regelmäßig auf den aktuellen Stand gebracht. So sind zuletzt im Juli 2015 neue medizinische Inhalte für die Disease-Management-Programme zu Koronarer Herzkrankheit und zu Diabetes mellitus Typ 1 in Kraft getreten.

Parallel arbeiten Vertreter von Krankenkassen, Ärzteschaft und Krankenhäusern im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) an der Vorbereitung neuer Programme.

Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz hat die große Koalition dazu ganz konkrete Aufträge formuliert: Bis Ende 2016 soll der GBA neue DMP-Indikationen festlegen und insbesondere Richtlinien für die Behandlung von Rückenleiden und Depressionen vorlegen.

Seit Juli 2015 liegt ein Vorbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Thema Rückenschmerz vor. Ob das entsprechende DMP tatsächlich etabliert wird, entscheidet der GBA. Sobald der Endbericht des IQWiG vorliegt, beginnen dort die Beratungen.

Im August 2015 hat der GBA das IQWiG auch mit den Vorarbeiten zum DMP Depressionen beauftragt. Das Thema ist Neuland, denn bisher gibt es keine strukturierten Behandlungsprogramme für psychische Erkrankungen. Die Beratungen zur Vorbereitung eines DMP Depressionen dürften daher länger dauern als bei den bisher etablierten Programmen.

Disease Management: Leitfaden für Ärzte und Praxisteams

Nicht alles läuft rund bei der medizinischen Behandlung der chronisch kranken Patienten. Auswertungen der Dokumentationsdaten machen deutlich: Die Chronikerprogramme sind zwar in vielen Praxen zur Routine geworden, werden aber nicht überall optimal umgesetzt. Die AOK hat das zum Anlass genommen einen Leitfaden für Ärzte und Praxisteams unter dem Titel "DMP im Praxisalltag" zu entwickeln. Die 30-seitige Broschüre wird über die Arztberater der Kasse an die Arztpraxen verteilt, steht für Interessierte ab sofort aber auch im Gesundheitspartner-Portal der AOK zum Download bereit.

Der Leitfaden behandelt einerseits ganz praktische Fragen rund um die Einschreibung der Patienten und die Dokumentation ihrer Daten. Unter anderem informiert die Broschüre darüber, was bei der Übermittlung der Dokumentationen an die Datenstelle zu beachten ist und welche Fehler dabei am häufigsten vorkommen. Die Fristen zur Übermittlung der Dokumentationen, die für die Praxen relevant sind, werden übersichtlich in Grafiken dargestellt. Regionale Zusatzblätter informieren über die konkreten Regelungen und Ansprechpartner in den einzelnen KV-Regionen.

Daneben geht es in der Broschüre aber auch um die medizinischen Inhalte der Programme - also um die notwendigen Checks und Untersuchungen sowie um die Überweisung an Spezialisten. Themen, die sich in den regionalen DMP-Evaluationsberichten als "Knackpunkte" erwiesen haben, werden in der Broschüre vertieft. Darüber hinaus enthält der Leitfaden Anregungen, wie die Betreuung chronisch Kranker in den DMP effizienter organisiert werden kann - zum Beispiel durch eine stärkere Einbindung des Praxisteams. (Peter Willenborg)

www.aok-gesundheitspartner.de (Webcode: W212068)

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