Projekt

So wird Versorgungsqualität messbar

Die Qualität der eigenen ärztlichen Arbeit zu messen und einzuordnen ist gar nicht so leicht. In der Regel fehlen dafür geeignete Instrumente und im Praxisalltag oft auch die Zeit. Hier setzt das Projekt QuATRo an. Wie ein Workshop in Berlin nun zeigte, kommt es bei Ärzten gut an.

Von Taina Ebert-Rall Veröffentlicht:

BERLIN. "Qualität in Arztnetzen - Transparenz mit Routinedaten" (QuATRo) heißt das Projekt, das transparent machen soll, ob Ärzte ihre Patienten in Netzen besser versorgen. Seit diesem Jahr gibt es QuATRo aber auch für die Einzelpraxis. Es unterstützt Ärzte dabei, Versorgungsqualität zu messen und systematisch zu verbessern.

Dass QuATRo funktioniert und sowohl für die Patienten als auch für die behandelnden Ärzte viele Vorteile bringt, zeigte sich bei einem Workshop in Berlin. Hier fanden sich Netzärzte und AOK-Vertreter Anfang Juni zu einem Erfahrungs- und Gedankenaustausch über weitere Optimierungsmöglichkeiten des Projekts und der Qualitätsarbeit zusammen.

Fester Bestandteil im Netz-QM

"Verbindlichkeit und intersektorale Zusammenarbeit sind die wichtigsten Punkte für ein funktionierendes Netzwerk" fasste Dr. Andreas Pötzl in einem Vortrag zusammen, in dem er die Arbeit mit QuATRo im Arztnetz "Unternehmung Gesundheit Hochfranken" (UGHO) vorstellte. Diesem 2010 gegründeten Netz gehören 75 Ärzte in 43 Praxen in Hof und Umgebung an.

Knapp 15.500 AOK-Versicherte sind in den Vertrag zwischen der AOK Bayern und dem UGHO eingeschrieben. Pötzl ist von den QuATRo-Vorzügen überzeugt, weshalb das Projekt auch "ein fester Bestandteil des UGHO-Qualitätsmanagements" sei.

Pötzl: "Wir Ärzte können unsere Arbeit schwer selbst einschätzen. Da lobt uns ein Patient, fällt aber am nächsten Tag um. Warum? Der Patient ist zufrieden und fühlt sich gut betreut, aber uns als Ärzten fehlen häufig Informationen, mit denen wir das ganze Bild zusammenfügen könnten."

Im Rahmen von QuATRo wird die Versorgungsqualität anhand von routinedatenbasierten Qualitätsindikatoren gemessen. Die Ergebnisse werden mit anderen Netzen und der Versorgungsqualität in der jeweiligen Region verglichen.

Durch die datengestützte Analyse wird es möglich, Optimierungspotenzial zu finden, das den Teilnehmern systematisch zurückgemeldet wird. Davon profitieren vor allem Arztnetze, die qualitätsorientierte Versorgungsverträge mit der AOK schließen. Im Fall der UGHO ist das die AOK Bayern, die QuATRo 2012 gemeinsam mit den AOKs Nordost und Rheinland/Hamburg sowie dem AOK-Bundesverband gestartet hat.

Inzwischen nutzen 24 Arztnetze QuATRo. Das größte dieser Netze betreut fast 20.000 eingeschriebene und bei der AOK versicherte Patienten, das kleinste rund 1000. Rund 750 Hausärzte und etwa 690 Fachärzte sind in den beteiligten Arztnetzen zusammengeschlossen.

Daten von über 100.000 Versicherten

Für die Jahre 2012 bis 2014 haben die drei beteiligten AOKs bereits die Routinedaten von über 100.000 ihrer in Arztnetze eingeschriebenen Versicherten ausgewertet. Dazu gehören auch Abrechnungsdaten von Leistungen, die außerhalb des Arztnetzes - zum Beispiel im Krankenhaus - für die eingeschriebenen Versicherten erbracht worden sind. Auch Daten zur Arzneimittelversorgung fließen ein - für den behandelnden Arzt wichtige Informationen, die er sonst nicht unbedingt erhält.

Die QuATRo-Auswertungen basieren auf sogenannten Routinedaten, die den Krankenkassen ohnehin vorliegen und keinen zusätzlichen Dokumentationsaufwand seitens der Ärzte erfordern. Inhaltlich und methodisch fußt QuATRo auf dem Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung QiSA.

Dieses System ist in mehrjähriger Zusammenarbeit zwischen dem AOK-Bundesverband und dem Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (AQUA) entstanden.

QiSA-Indikatoren gibt es unter anderem zu Typ2 Diabetes, zu Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, COPD/Asthma oder zur Pharmakotherapie (wir berichteten). Insgesamt fließen mehr als 40 QiSA-Indikatoren in die Analyse ein.

Der jüngste Workshop schließt an vorangegangene Treffen an, bei denen Ärzte von Erfahrungen mit QuATRo berichtet haben. Demnach wurden zum Beispiel aufgrund der datengestützten Qualitätsmessungen Behandlungspfade für bestimmte Krankheitsbilder erstellt; die Einhaltung wird elektronisch überprüft.

Auswertung für Einzelpraxen möglich

Eine sinnvolle Erweiterung ist es, dass Qualitätsvergleiche künftig nicht nur auf Netzebene, sondern auch für einzelne Ärzte innerhalb eines Netzes möglich sind. Dieser Wunsch kam auch von QuATRo-Netzen. Die Netzmanager können dafür auf ein Software-Tool zurückgreifen, das vom AOK-Bundesverband entwickelt wurde.

Mit dem Tool können die teilnehmenden Netze ohne großen Aufwand Qualitätsberichte für einzelne Praxen generieren und Indikatoren auswählen, die für die jeweilige Praxis interessant sind. Die Berichte können dann zum Beispiel für die netzinterne Qualitätszirkelarbeit genutzt werden.

Für Andreas Pötzl gehört QuATRo inzwischen ganz klar zum Qualitätsmanagement seines Netzes. Unter anderem sind im Netz Standards und Therapieschemata vorgegeben, die Dokumentations- und Kodierqualität wird verbessert, Qualitätsindikatoren werden in die Praxis implementiert. "Wir machen sehr positive Erfahrungen mit QuATRo", sagt Pötzl, dessen Netz die Ergebnisse kontinuierlich für seine Fortbildungen aufbereitet.

"Anhand der Auswertung einzelner QuATRo-Indikatoren werden Schwerpunkte gesetzt, Maßnahmen zur Verbesserung werden Schritt für Schritt umgesetzt." Bei der Umsetzung unterstützt das Netzbüro die einzelnen Praxen. "Das wird auch gerne angenommen", so Pötzl.

Fortbildung aus Praxisbedarf heraus

Als ein Beispiel nannte er eine Fortbildung zum Thema Antikoagulation bei Vorhofflimmern. Das Netz habe nach ersten Ergebnissen einer Auswertung aus dem Jahr 2014 bei diesem Thema nicht besonders gut abgeschnitten. Im Zuge der Fortbildung wurden der Handlungsbedarf ermittelt und diverse Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet. Das betraf die Diagnosestellung ebenso wie die Medikation und eine Überprüfung der weiteren Behandlung der Patienten.

"Um die Praxen für das Thema zu sensibilisieren, haben wir mit der AOK Bayern die Aktion Vorhofflimmern entwickelt", so Pötzl. Dafür spricht das Praxispersonal die Patienten in einem Zeitraum von mehreren Wochen während der Wartezeit an.

Alle AOK-versicherten Patienten ab 55 Jahren, bei denen noch kein Vorhofflimmern diagnostiziert wurde, erhalten während der Wartezeit in der Praxis einen Screening-Stick. "Werden auf diesem Weg Unregelmäßigkeiten festgestellt, bekommt der Patient ein Ruhe-EKG in der Praxis. Sowohl das Screening als auch das Ruhe-EKG werden anhand der Begleitbögen vergütet."

"Wenn es um die Mitgliedschaft in unserem Netz geht, sind wir sehr restriktiv", sagt Pötzl. "Wir wollen keine Praxen, die noch wie vor 20 Jahren arbeiten, sondern legen Wert auf wirklich gute Qualität. Und die muss auch vergütet werden. Dann ziehen alle mit und investieren auch ihre Zeit, wenn es um Qualitätsverbesserungen geht."

QuATRo kann auch netzinterne Vergütungsmodelle erleichtern. Übrigens: Seit dem dritten Quartal 2015 rechnet das Netzbüro von UGHO eigenständig mit der AOK ab, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) erhält keine Daten mehr.

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