Neues Versorgungsprogramm

Damit Wunden schneller heilen

Feste Ansprechpartner, regelmäßige Sprechstunden, bessere Compliance: Ein Versorgungsprogramm in Sachsen-Anhalt verkürzt die Leidensgeschichte von Patienten mit chronischen Wunden - von durchschnittlich anderthalb Jahren auf rund drei Monate.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Oft verhindern Durchblutungsstörungen, Diabetes oder Immunschwäche die schnelle Heilung von Wunden.

Oft verhindern Durchblutungsstörungen, Diabetes oder Immunschwäche die schnelle Heilung von Wunden.

© B. Braun Melsungen AG

MAGDEBURG. Chronische Wunden entstehen nicht von jetzt auf gleich. Sie entwickeln sich langsam. Oft verhindern Durchblutungsstörungen, eine Diabeteserkrankung oder Immunschwäche die schnelle Heilung, was die Sache für Ärzte recht kompliziert macht.

Die Wunden müssen regelmäßig inspiziert und verbunden werden. Für die betroffenen Patienten wiederum ist das Ganze auch psychisch belastend. Unter den ständigen Arztbesuchen und dem Gefühl, eine unschöne, mitunter übel riechende Wunde mit sich herumzutragen, leiden viele mehr als unter der Wunde selbst.

Drei Millionen Menschen mit chronischen Wunden

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund drei Millionen Menschen an chronischen Wunden. Die drei am häufigsten vorkommenden Formen sind Ulcus Cruris, diabetischer Fuß und Dekubitus.

Das Problem in der Versorgung chronischer Wunden besteht oftmals darin, dass sich zwar viele Akteure um die Patienten kümmern - Chirurgen, Gefäßspezialisten, Hautärzte, Internisten, Klinik- und Hausärzte sowie ambulante Pflegedienste -, sich aber keiner als Hauptansprechpartner verantwortlich fühlt.

Vier Zentren machen mit

In Sachsen-Anhalt hat die AOK daher vor acht Jahren einen Vertrag zur Integrierten Versorgung chronischer Wunden geschlossen. Partner sind vier Wundzentren in Wittenberg, Magdeburg, Quedlinburg und Halle. Ende 2016 soll ein weiteres Zentrum in Dessau hinzukommen.

"Im Wundzentrum liegt die Gesamtverantwortung. Dort legen die Ärzte die Therapie fest und stimmen die Behandlungsabläufe mit spezialisierten Physiotherapeuten und Pflegediensten ab. Das alles geschieht leitliniengerecht", sagt Andreas Goldmann, Referent für strategische Versorgungsplanung bei der AOK Sachsen-Anhalt.

Das größte Problem bei der Behandlung sieht AOK-Experte Goldmann in "mangelnder Kooperation und Koordination der am Versorgungsprozess Beteiligten". Die Therapie erfolge dann oft nur punktuell, sodass es sehr lange dauere, bis eine chronische Wunde wieder verheilt und der Patient wieder mehr Lebensqualität verspüre.

Mehr Lebensqualität als Ziel

Anders im Projekt der Integrierten Wundversorgung in Sachsen-Anhalt. Hier ist es gelungen, die Zeiten für den Wundverschluss bei einem Großteil der Patienten deutlich zu verkürzen. "Nach durchschnittlich 84 Tagen werden die Wunden bei den Teilnehmern an unserem Versorgungsvertrag geschlossen. In der Regelversorgung dauert es etwa 566 Tage", rechnet Goldmann vor.

Seit 2008 hätten mehr als 1700 Versicherte mehr Lebensqualität durch die leitliniengerechte Behandlung im Versorgungsprojekt erfahren und von den kürzeren Zeiten bis zum Wundverschluss profitiert. "Das ist gut für die Patienten und günstiger für die Kasse", sagt Goldmann.

So fielen für die Behandlung einer chronischen Wunde in der Regelversorgung im Schnitt rund 20.000 Euro im Jahr an. Im Versorgungsprojekt der AOK Sachsen-Anhalt seien es etwa 20 Prozent weniger.

Wunden bis zu 25 Zentimeter Größe

Ein Grund für die schnellere Wundheilung im AOK-Programm liegt laut Dr. Matthias Holfeld, Leiter des Wundzentrums am Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben in Quedlinburg, auch darin, dass der Patient im Wundzentrum einen festen Ansprechpartner für sein Leiden hat.

"Das erhöht die Compliance beim Patienten." Denn bei chronischen Wunden kommt es auf viele Dinge an, bei denen neben dem Hausarzt und dem Pflegedienst auch die Patienten gefordert seien: Wechsel der Kompressionsverbände, Tragen der richtigen Strümpfe und Schuhe, Hygiene und vieles andere mehr. "Alle vier Wochen kommen die Patienten zu mir in die Praxis und wir besprechen weitere Schritte", so Holfeld.

Teilweise sind die Wunden 25 Zentimeter groß. Mitunter erstrecken sie sich über das halbe Gesäß oder den kompletten Unterschenkel. Im Spätsommer sind die mitunter noch hohen Temperaturen auch ein Thema für die Patienten.

"Wundverbände zu tragen, ist dann nicht sonderlich angenehm", berichtet Holfeld. "Doch ohne den Einsatz der Verbände ist ein Wundverschluss nicht möglich." Schon ein solcher Hinweis reiche, um die Patienten zu motivieren, am Ball zu bleiben.

Rund 400 Patienten seien bislang im Wundzentrum in Quedlinburg versorgt worden. Bei rund 70 Prozent von ihnen seien die Wunden wieder ausgeheilt.

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