Ärzte im Doping-Sumpf der DDR

Athleten aus der DDR waren in vielen Sportarten absolute Weltklasse - kein Wunder, dass die Top-Sportler aus dem Osten nach der Wende dankbar in gesamtdeutsche Mannschaften integriert wurden. Die logische Folge: beeindruckende Siege bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Sie wurden allerdings überschattet von einer heftigen Diskussion um systematisches Doping im DDR-Sport.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Doping im DDR-Sport: die Aufarbeitung geht noch weiter.

Doping im DDR-Sport: die Aufarbeitung geht noch weiter.

© Godowitsch / imago

BERLIN. Das Thema Doping war zur Zeit der Wende durchaus auch im Westen präsent: Die Leverkusener Mehrkämpferin Birgit Dressel etwa war 1987 als Folge von Doping mit 26 Jahren an multiplem Organversagen gestorben. Danach riss die Debatte über mögliche Verstrickungen auch von Ärzten nicht ab.

Dennoch verdichteten sich Vermutungen, dass der Doping-Sumpf in der DDR ungleich tiefer gewesen sein müsse als im Westen. Der Deutsche Sportbund (DSB) und das Nationale Olympische Komitee (NOK) setzten eine Unabhängige Kommission ein. Es zeigte sich, dass im Spitzensport der DDR Dopingmittel systematisch zum Erreichen sportlicher Höchstleistungen eingesetzt worden waren.

In dieses Betrugs-System waren auch Ärzte verstrickt - sie hatten zum Teil sogar absolute Schlüsselfunktionen. Ende der neunziger Jahren kam es in Berlin zu mehreren Doping-Prozessen. Zum Beispiel gegen den früheren DDR-Schwimmverbandsarzt Lothar Kipke, der im Jahr 2000 zu der bis dahin höchsten Strafe wegen systematischen Dopings im DDR-Sport verurteilt wurde.

Das Berliner Landgericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur zweijährigen Bewährung ausgesetzt wurde. Kipke sei in 58 Fällen an der Vergabe von Anabolika an minderjährige Schwimmerinnen beteiligt gewesen, so das Gericht.

Ein neues Buch sorgt für Wirbel

Fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung hat Thomas Köhler als erster Top-Sportfunktionär von damals das flächendeckende Staatsdoping im DDR-Sport zugegeben und selbst Kinder-Doping im Schwimmen eingestanden.

In seinem vor kurzem erschienenen Buch "Zwei Seiten der Medaille" (Verlag Das Neue Berlin), behauptet Köhler, dass alle Dopingmittel "im Einvernehmen mit dem Sportler verabreicht" worden seien. Das haben betroffene Athleten von einst allerdings harsch zurückgewiesen.

Klar scheint: Die Auseinandersetzung mit dem Thema Doping in der DDR ist noch längst nicht beendet.

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