Gesundheitsausschuss

Grünes Licht für reformierte Hausarztverträge

Der Gesundheitsausschuss hat ein Gesetzespaket durchgewinkt, das die Kostendämpfung im Arzneimittelmarkt regelt. Außerdem wird der Abschluss von Hausarztverträgen erleichtert - die gelb-schwarzen Stolpersteine werden beseitigt.

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Hausarztvertrag: Schwarz-Rot räumt schwarz-gelbe Hürden aus dem Weg.

Hausarztvertrag: Schwarz-Rot räumt schwarz-gelbe Hürden aus dem Weg.

© kpa-Royal / [M] Stepan Thomaier

BERLIN. Der Gesundheitsausschuss des Bundestags hat am Mittwoch den Weg freigemacht für eine Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung. Mit einer Reform des Paragrafen 73b SGB V werden die bisherigen Vergütungsbeschränkungen in Hausarztverträgen aufgehoben.

Zudem wird die vielfach kritisierte Refinanzierungsklausel gekippt. Diese besagte, dass die Vertragspartner beim Start des Vertrags dessen Wirtschaftlichkeit nachweisen mussten.

Die Neuregelung ist Teil des 14. SGB V-Änderungsgesetzes, das am Donnerstag im Plenum des Bundestages voraussichtlich abschließend beraten und beschlossen wird. Grüne und Linksfraktion signalisierten zwar Zustimmung zu einzelnen Regelungen, lehnten das Gesetzespaket als Ganzes aber ab.

In Hausarztverträgen, die nach dem 31. März 2014 geschlossen werden, müssen die Vertragspartner "anhand geeigneter objektiver Indikatoren" Kriterien zur Wirtschaftlichkeit vereinbaren. Außerdem sind sie verpflichtet, Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, "die über die allgemeine hausärztliche Qualitätssicherung hinausgehen".

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bezeichnete die Entscheidung am Mittwoch als "Meilenstein für die Sicherung einer wohnortnahen Versorgung mit qualitativ hochwertiger Hausarztmedizin.”

Ausnahmen beim Preismoratorium

Mit Mehrheit der Koalitionsfraktionen beschloss der Gesundheitsausschuss zudem, das Preismoratorium für Arzneimittel bis Ende 2017 fortzusetzen. Nach einem kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag gilt dies jedoch nicht für Arzneimittel, für die nach Paragraf 35 SGB V ein Festbetrag gilt.

Klarstellungen hat es auch beim Herstellerabschlag gegeben. Dieser ist Ende 2013 von bisher 16 auf derzeit sechs Prozent gesunken. Ab 1. April steigt der Abschlag auf sieben Prozent. Dies gilt jedoch nicht für Generika, die zusätzlich den Generikaabschlag von zehn Prozent (Paragraf 130a Absatz 3b Satz 1 SGB V) entrichten müssen.

Für diese Präparategruppe beträgt der Gesamtabschlag zu Gunsten der Krankenkassen somit insgesamt 16 Prozent. Die Linksfraktion hatte die Festsetzung des Abschlags für patentgeschützte Präparate ohne Festbetrag auf sechs Prozent als zu niedrig bezeichnet und abgelehnt.

Mit Koalitionsmehrheit beschloss der Ausschuss weiterhin die weitere Nutzenbewertung von Arzneimitteln aufzugeben, die vor 2011 erstmals zugelassen wurden. Begründet wurde dieser Schritt von der Koalition mit methodischen und rechtlichen Unwägbarkeiten.

Die Oppositionsfraktionen, aber auch BÄK und KBV, hatten argumentiert, eine weitere Bestandsmarktbewertung sei wichtig für eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung.

Für harsche Kritik hat im Vorfeld der Beratung im Ausschuss ein Änderungsantrag gesorgt, dem zufolge der Erstattungsbetrag, den Kassen und Hersteller ausgehandelt haben, künftig als Abgabepreis bezeichnet werden soll - und nicht mehr - wie bisher - der Listenpreis.

"Kein Systemwechsel beim AMNOG"

Was rein technisch klingt, habe weitreichende Konsequenzen für patentgeschützte Arzneimittel, haben Pharmaverbände anlässlich der Anhörung des Gesetzes in der vergangenen Woche gewarnt.

Damit würde die bisherige Regelung, wonach sich der Erstattungsbetrag aus dem Listenpreis abzüglich Rabatt ergibt, aufgegeben. Dies sei ein "Systemwechsel im AMNOG", warnte der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).

Dieser Einschätzung hat am Mittwoch Dr. Antje Haas, Abteilungsleiterin Arznei- und Heilmittel beim GKV-Spitzenverband widersprochen. Von einer "Umprogrammierung" des AMNOG könne keine Rede sein, sagte sie bei der Handelsblatt-Tagung "Pharma 2014" am Mittwoch in Frankfurt. Der Systemwechsel habe Anfang 2011, beim Start des Gesetzes, stattgefunden.

"Wir werden darauf bestehen, dass der Listenpreis auch künftig Teil der Preismeldung des Unternehmens ist", kündigte sie an. Sie bezeichnete die Klärung der Frage, ab wann der Erstattungsbetrag der maßgebliche Abgabepreis ist, als "sehr eilbedürftig".

Der Antrag der Koalitionsfraktionen sei daher "sachgerecht", so die Vertreterin des GKV-Spitzenverbands. Sie forderte, die Preisorientierung am Zusatznutzen dürfe "keine Eintagsfliege sein". (fst)

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