Zwischen den Sektoren

Wettbewerb mit Risiken und Nebenwirkungen

Fortschritt im Gesundheitswesen ist ein Produkt von vielen Einzelschritten. Die Qualität von ambulanten Operationen in Facharztpraxis und Klinik vergleichbar zu machen, ist einer davon. Ein Testlauf bei Kataraktoperationen ist jetzt angelaufen. Sachverständige warnen: Der Wettbewerb birgt Risiken und Nebenwirkungen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ein Chirurg operiert einen Grauen Star. Die Qualität der Eingriffe in Praxis und Klinik soll vergleichbar werden.

Ein Chirurg operiert einen Grauen Star. Die Qualität der Eingriffe in Praxis und Klinik soll vergleichbar werden.

© imago

BERLIN. Der Wettbewerb zwischen den Sektoren ist eröffnet. Seit Juli erproben niedergelassene Ärzte und Kliniken Verfahren, um die Qualität von Operationen zu vergleichen, die beide Seiten erbringen können.

Die Ergebnisse, die ab Oktober zu erwarten sind, werden beim gemeinsamen Bundesausschuss mit Spannung erwartet.

Der GBA erarbeitet derzeit die gemeinsamen Qualitätsanforderungen an Ärzte und Krankenhäuser, die sich an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung beteiligen wollen.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen weist in seinem jüngsten Gutachten auf Risiken der Qualitätsvergleiche hin.

Den Aufschlag haben Vertragsärzte und Krankenhäuser in den beiden KV-Bezirken Nordrhein-Westfalens gemacht. Dort geht es um Kataraktoperationen.

Noch steht aber nicht nur die medizinische Qualität im Fokus. Vielmehr gehe es um die technische Umsetzbarkeit der Datenflüsse, die Verständlichkeit der Erhebungsinstrumente sowie um die Verfügbarkeit und Auswertung von Daten, sagte der Sprecher des AQUA-Instituts.

Ein weiterer Schwerpunkt sei es, ein Konzept zur Auswertung der erhobenen Daten zu erstellen und zu testen. Das AQUA-Institut in Göttingen hat im Auftrag des GBA die Indikatoren zur Qualitätsmessung ausgearbeitet.

Die medizinische Qualität steht nicht im Vordergrund

Probebetriebe für weitere Themen sind in Vorbereitung. Zum Jahreswechsel starten die Testläufe Perkutane Koronarintervention (PCI) und Koronarangiographie. Der Probebetrieb Konisation des Gebärmutterhalses soll in den nächsten Monaten anlaufen.

Bei diesen Probeläufen geht es nicht darum, die Qualität einer Gesamtbehandlung zu messen. Dabei wechselt ein Patient von der Vorbehandlung beim Vertragsarzt in eine Klinik und kehrt zur Nachbehandlung wieder in die Praxis des niedergelassenen Arztes zurück.

Es geht vielmehr darum, die Qualität von Eingriffen und Behandlungen zu messen, die in beiden Sektoren auf die gleiche Art und Weise erbracht werden.

Der Sachverständigenrat zweifelt daran, dass sich die Qualität eins zu eins vergleichen lässt. Gesündere und sozial gut eingebundene Menschen gingen für die in Frage kommenden Operationen und Behandlungen eher zum wohnortnahen Facharzt.

Menschen, die schon krank seien, wählten eher den Weg ins Krankenhaus oder würden vom niedergelassenen Arzt dorthin überwiesen.

Diese Verteilung sei zwar wünschenswert, sagen die Gesundheitsweisen. Da die niedergelassenen Fachärzte damit aber Risikoselektion betrieben, müssten die Messwerte so korrigiert werden, als hätten alle Einrichtungen Patienten mit gleichem Risiko behandelt, empfiehlt der Rat. Das betreffe insbesondere die Komplikationsraten, die bei den gesünderen Patienten in Facharztpraxen geringer ausfallen dürften.

Die Sachverständigen sehen ferner die Gefahr, dass die Qualitätstransparenz zu einer Ausweitung der Indikationen führen könne.

Führt Qualitätstransparenz zur Indikationsausweitung?

So habe die Veröffentlichung von Mortalitätsraten bei Koronararterien-Bypässen zu mehr Operationen an insgesamt gesünderen Patienten geführt.

Zurückzuführen sei dies auf die Risikoselektion. Schwere Fälle seien an andere Häuser oder in Therapien überwiesen worden, für die keine Todesraten veröffentlicht werden.

Die freien Kapazitäten hätten die Ärzte dann für mehr Bypass-Ops an weniger Schwerkranken genutzt.

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