SPD-nahe Stiftung will Kliniklandschaft umkrempeln

Experten der Friedrich-Ebert-Stiftung sprechen sich für Radikalreform bei Krankenhäusern aus.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Die Friedrich-Ebert-Stiftung möchte Kliniken zu "Keimzellen der Gesundheitsversorgung" machen.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung möchte Kliniken zu "Keimzellen der Gesundheitsversorgung" machen.

© mario beauregard /fotolia.com

BERLIN. Der Managerkreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich für grundlegende Reformen im Krankenhausbereich ausgesprochen. Ziel müsse sein, das Krankenhaus zu einer "Keimzelle der Gesundheitsversorgung" zu machen, sagte die frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Gudrun Schaich-Walch, bei der Vorstellung eines "Sieben-Punkte-Programms" zur Reform der deutschen Krankenhauslandschaft am Freitag in Berlin. Krankenhäuser müssten die Möglichkeit haben, sich zu Gesundheitszentren zu entwickeln, "die ambulante Leistungen erbringen und mit niedergelassenen Ärzten und anderen Gesundheitsberufen kooperieren", heißt es in dem Papier.

Die Kliniken müssten zudem "unabhängig von ihrer Rechtsform" weiterhin Medizinische Versorgungszentren (MVZ) betreiben dürfen. Einwände, Ärzte in von Klinikketten geführten MVZ könnten in ihren Entscheidungen von ökonomischen Interessen des Trägers beeinflusst sein, ließ Schaich-Walch nicht gelten. "Die Gefahr sehe ich überhaupt nicht", sagte die SPD-Politikerin. Die "Diagnosehoheit" liege stets beim behandelnden Arzt. Schaich-Walch stellte sich damit gegen Pläne der Koalition, Kliniken nur noch in Ausnahmefällen zu erlauben, MVZ zu betreiben. Bestehende Mauern zwischen den Sektoren würden durch eine solche Gesetzänderung eher zementiert denn niedergerissen, so Schaich-Walch.

Dringend notwendig sei hingegen, den gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit zu Selektivverträgen mit Krankenhäusern einzuräumen. Derzeit seien die Kassen dazu gezwungen, im Rahmen des Kollektivvertrages ein Krankenhausbudget einheitlich und gemeinsam zu verhandeln. Auf diese Weise würden Wettbewerb, Wirtschaftlichkeit und Qualität blockiert, kritisierte Schaich-Walch. Die gesetzlichen Bestimmungen müssten so modifiziert werden, dass zwischen einzelnen Kassen und Kliniken "selektive leistungsorientierte Verträge" abgeschlossen werden könnten. Die Wahlfreiheit der Versicherten dürfe aber nicht eingeschränkt werden. Der Versicherte solle weiter in die Klinik gehen können, in die er wolle - vorausgesetzt, die Kosten dort seien nicht höher als im Vertragskrankenhaus seiner Kasse, oder aber er komme für die Kostendifferenz selbst auf. Die Kassen seien in einem Selektivvertragssystem dem Kartellrecht zu unterwerfen.

Um den Investitionsstau bei den Kliniken in Höhe von "mindestens 30 Milliarden Euro" abzubauen, sei eine neue Art der Finanzierung der Krankenhäuser vonnöten. Die duale Finanzierung, bei der die Betriebskosten der Kliniken von den Kassen und die Investitionskosten von den Ländern geschultert werden, habe sich nicht bewährt. Die 16 Länder kämen ihrer Verpflichtung zu investieren "höchst unterschiedlich, aber in keinem Fall ausreichend nach", heißt es in dem Papier. Daher müssten Betriebs- und Investitionskosten in eine Hand - die der Kassen - gelegt werden, auch wenn dies unweigerlich höhere Kassenbeiträge nach sich ziehe, sagte Schaich-Walch.

Einhergehen mit der Entlastung der Länder aus ihrer Finanzverantwortung müsse dann aber auch eine Änderung der Krankenhausplanung. Die Länder sollten nicht mehr bestimmen, "was in welchem Krankenhaus in welchen Betten stattfindet", so Schaich-Walch. Vertreter der Länder hatten dagegen zuletzt mehr Einfluss auf die Bedarfsplanung bei Ärzten und Kliniken geltend gemacht (wir berichteten).

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Träume von einer neuen Klinikwelt

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